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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
125.2006
Seite: 208
(PDF, 44 MB)
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Universitätssyndikus selbst (S. 186). Insofern hat der Blick in die Gerichtsschranken, in welcher Richtung
er auch geworfen wird, stets auch etwas Vergnügliches. Clemens Joos

Kathrin Clausing: Leben auf Abruf. Zur Geschichte der Freiburger Juden im Nationalsozialismus (Veröffentlichungen
aus dem Archiv der Stadt Freiburg im Breisgau 37). Stadtarchiv Freiburg, Freiburg 2005.
367 S., 7 SAV-Abb.

Anlässlich der Feierlichkeiten des Auschwitzgedenktages am 26. Januar 2006 wurde in Freiburg die Dissertation
von Kathrin Clausing über das Leben der Freiburger Juden vorgestellt. Die Freiburger Dissertation
ist das Ergebnis einer Forschungsarbeit im Auftrag der Stadt Freiburg, die der Autorin für ihre Promotion
optimale Voraussetzungen bot. Die Arbeit geht die Thematik in drei Komplexen an und versucht
zunächst sehr ausführlich den historischen Rahmen des jüdischen Lebens in Freiburg, das Entstehen der
Jüdischen Gemeinde und deren Entwicklung bis zur so genannten „Machtergreifung" 1933 nachzugehen.
Der Hauptteil der Arbeit versucht, eine Gesamtschau der Jüdischen Gemeinde und der jüdischen Bürger
in Freiburg sowie ihrer sukzessiven Verdrängung aus Verwaltung, Rechtsprechung, Gesundheitswesen,
Schulwesen, Universität, der „Arisierung" von Wirtschaft und Geschäftswelt in Fallbeispielen und Facetten
nachzuzeichnen. In einem dritten Teil werden auch Reaktionen auf die nationalsozialistische Verfolgung
und Rückkehr, Wiedergutmachung und das Gedenken an die jüdischen Mitbürger angesprochen. Im
Grunde ist das Buch nicht nur eine Geschichte der Freiburger Juden im Nationalsozialismus - wie der
Titel behauptet -, sondern es geht darüber hinaus und beschreibt die Integrationsversuche und den Niedergang
des jüdischen Lebens in Freiburg vom Ersten bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges.

Die vorliegende Dissertation ist in der Reihe „Veröffentlichungen aus dem Archiv der Stadt Freiburg
im Breisgau" erschienen, die der richtige Druckort für eine bemerkenswerte und hochspannende stadtgeschichtliche
Forschungsarbeit ist. Kathrin Clausing konnte auf eine Vielzahl von Vorarbeiten zurückgreifen
, arbeitete viele Archivalien auf und verlor sich dennoch nicht in Details. Die Entwicklungen und Veränderungen
sind nicht nur gut lesbar, sondern auch sehr lebendig dargestellt. Dennoch sind die Fußnoten
in vielen Fällen sehr knapp bis zu knapp, oft ungenau ausgefallen oder nicht immer im Einklang mit dem
Text. Häufig entging der Autorin neuere Literatur oder ihre Nennung wird vergessen, da sie weder in den
Fußnoten noch im Literaturverzeichnis aufzufinden sind, z. B. führt sie zum Rektorat Heideggers (S. 177)
nur zwei Titel von Hugo Ott und dem Doktorvater Bernd Martin auf, während neuere und ergänzende
Arbeiten oder die Quellensammlung Schneebergers fehlen. Andere Beispiele sind der „Fall Schlageter"
(S. 173), bei dem die wichtigere und aktuellere Publikation nicht genannt ist, und Berta Ottenstein
(S. 183), auf deren maßgebliche Biographie nicht hingewiesen wird, während nur eine weiterverwertende
Arbeit dazu genannt ist. Im historischen Exkurs zur Einleitung, der sich relativ ausführlich zum Hochmittelalter
äußert und dann etwas rasch zum 18. Jahrhundert übergeht, fehlt bemerkenswerterweise der im
Literaturverzeichnis genannte Titel von Laubenberger und Schwineköper, der die Ausweisung der Juden
und ihre Kennzeichnung im 16. Jahrhundert mit gelben Ringen schildert. Diese Vorgänge waren aber die
historische Vorrausetzung dafür, dass Freiburg in der Neuzeit offiziell keine Juden als Einwohner beherbergte
. Es wäre für das Verständnis der gesetzlich verordneten Toleranz gegenüber Juden am Ende des 18.
Jahrhunderts bis zur Emanzipation der Freiburger Juden nicht unwichtig gewesen, das zu erwähnen. Dieses
Fehlen von Literaturnachweisen, manche Ungenauigkeiten oder Großzügigkeiten sind nicht sehr erfreulich
und unnötig.

Aus beruflichem Interesse war der Rezensent natürlich sehr gespannt dem Kapitel über die Universität
gefolgt, das in vielen Publikationen schon sehr weit aufgearbeitet ist. Erstaunlich ist dennoch, dass der
Autorin die Tagebücher des Freiburger Hochschullehrers Josef Sauer, der die Universität während der nationalsozialistischen
Zeit fast wie ein Chronist begleitete, nicht bekannt sind, wie überhaupt die Bestände
des Freiburger Universitätsarchiv zugunsten der zusammenfassenden Sekundärliteratur großzügigerweise
beiseite gelassen wurden. Es besteht sicher kein Bedarf, alle in der Sekundärliteratur bereits aufgearbeiteten
Akten erneut zur Hand zu nehmen, doch sich allein auf die Literatur zu verlassen und diese nicht
einmal annähernd vollständig zu kennen, wäre durchaus vermeidbar gewesen. Folglich werden in diesem
Kapitel keine wesentlichen neuen Erkenntnisse erzielt, was bedauerlich ist. Angesprochen wurde zwar
beispielsweise die Entlassung des Philologen Friedrich Brie, aber nicht bearbeitet ist sein relativ unbehelligtes
weiteres Leben. Ebenso ist der Autorin das Überleben des Juden Walter Kaufmann bis zum Ende
des Zweiten Weltkrieges in Freiburg unbekannt. Das Fragen nach dem Wie und Warum ist bis heute nicht
geklärt. Clausing kennt aber nicht einmal die Frage, wie so etwas möglich war, sieht man von den

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