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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
126.2007
Seite: 40
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möglichst umfassend darzustellen und dabei die Verflechtungen von Stadtgeschichte, Kunstgeschichte
und Hagiographie im Auge zu behalten.

Der in „Stadtpatron" enthaltene Begriff patwnus stammt aus der römischen Rechtssprache;
man bezeichnete damit den Schutzherrn eines Klienten. Aus dem gewährten Schutz ergab sich
eine Bindung des Klienten an den Schutzherrn durch pietas undfides? Bereits im 4. Jahrhundert
begannen christliche Gemeinden, den Begriff patwnus auf christliche Märtyrer zu übertragen
und sich unter deren Schutz zu stellen. Seit dem frühen Christentum wurde es üblich,
für eine neu erbaute Kirche einen Heiligen als Schutzpatron auszuwählen und diesen dort besonders
zu verehren. Bei der Auswahl des Schutzpatrons konnten Gräber und Reliquien eines
Heiligen oder eine lokale Tradition bestimmend sein; es kam aber auch vor, dass man sich dabei
nach dem Vorschlag eines Bischofs, Priesters, Patronatsherrn oder Stifters richtete.
Während die Funktion des Patrons anfangs vor allem darin bestand, sich bei Gott fürbittend für
die Gläubigen einzusetzen, wurde sie sehr bald auch auf den Schutz vor irdischen Gefahren
ausgedehnt.

Im Mittelalter übertrug man diesen Brauch auf Burgen und befestigte Orte, Städte und Universitäten
. So wählten Bürger und Stadträte neben dem Kirchenpatron auch einen Stadtpatron,
um ihre Stadt unter seinen besonderen Schutz zu stellen. Zuweilen sollte der Stadtpatron außerdem
die Aufgabe übernehmen, „den Kampf der Kommune für eine gottgewollte Unabhängigkeit
anzuführen", sei es die Unabhängigkeit vom Stadtherrn oder vom Bischof. In diesem Zusammenhang
ist auch die Tatsache von Bedeutung, dass der Stadtpatron nicht nur himmlischer
Schirmherr war, sondern auch als Träger von diesseitigen Eigentums- und Besitzrechten angesehen
wurde; er war gleichsam eine überirdische „juristische Person".4

Bevor es für die Erhebung des Stadtpatrons ein einheitlich geregeltes Verfahren gab, war für
die Auswahl und Erhebung zum Schutzpatron einer Stadt das örtliche Brauchtum maßgebend.
Seit dem 23. März 1630 wurden dann die Bestimmungen der päpstlichen Ritenkongregation
im katholischen Raum verbindlich; danach sollte der Stadtpatron von den Einwohnern unter
Zustimmung des Bischofs und des Klerus aus dem Kreis der kanonisierten Heiligen förmlich
ausgewählt werden. Ohne Zustimmung des Apostolischen Stuhles durfte der Patron auch nicht
gewechselt werden. In der Neufassung vom 9. Mai 1857 hieß es wörtlich: Patwnus loci pm-
prie is est, quem certa civitas ... sibi delegit singularem ad Deum Patwnum, servatis ... statu-
tis („Der Patron eines Ortes ist eigentlich der, welchen eine bestimmte Stadt ... für sich vor
Gott unter Beachtung der Vorschriften als besonderen Beschützer ausgewählt hat"). Im „Codex
Iuris Canonici" (CIC) von 1917 und 1983 finden sich außer den kirchlichen Normen zur
Verehrung der Heiligen keine besonderen Bestimmungen für Stadtpatrone mehr. Aus diesen

kel „Stadtpatron" in: Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte. IV. Bd. Berlin 1990, Sp. 1862: Ders.:
Stadtpatrone und städtische Freiheit ... In: Beiträge zur Rechtsgeschichte - Gedächtnisschrift für Hermann Conrad
. Hg. von Gerd Kleinheyer und Paul Mikat. Paderborn 1979, S. 44. Zur Patrozinienkunde siehe auch Toni
Diederich: Stadtpatrone an Rhein und Mosel. In: Rheinische Vierteljahresblätter. Bonn 1994, S. 25ff.

3 Lexikon für Theologie und Kirche (künftig zitiert als LThK). Bd. 8. Hg. von Michael Buchberger, Freiburg
21936, Sp. lff.; LThK. Bd. 7. Hg. von Walter Kasper u.a. Freiburg ^2006, Sp. 1478ff. Ausführlich dazu Hans-
Jürgen Becker: Der Heilige und das Recht. In: Politik und Heiligenverehrung im Hochmittelalter. Hg. von
Jürgen Petersohn. Sigmaringen 1994, S. 53ff.; Arnold Angenendt: Artikel „Patron". In: Lexikon des Mittelalters
(künftig zitiert als LexMA), Bd. 6, Sp. 1806ff.

4 Becker (wie Anm. 3), S. 67ff. mit weiteren Nachweisen; Arnold Angenendt: Geschichte der Religiosität im
Mittelalter. Darmstadt 1997, S. 338; Ders.: Grundformen der Frömmigkeit im Mittelalter. München 2003, S. 112;
Ernst Voltmer: Leben im Schutz der Heiligen - Die mittelalterliche Stadt als Kult- und Kampfgemeinschaft.
In: Die Okzidentale Stadt nach Max Weber - Zum Problem der Zugehörigkeit in Antike und Mittelalter. Hg. von
Christian Meier. München 1994, S. 219.

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