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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
126.2007
Seite: 114
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caldus (1453-1505), Professor für Rhetorik und Poesie in Bologna, dem Grammatiker Francisco
Niger Venetus (1450-1523) und Marcus Masurus, dem Gräzisten aus Kreta und Professor
in Padua, vertiefte Locher seine Kenntnis der antiken Kultur und Sprache und schulte sein
ästhetisches Sprachgefühl.

In einem Brief, den Locher nach seiner Rückkehr an seinen ehemaligen Lehrer Johannes Vetter
in Ulm geschrieben hat, schilderte er seine Eindrücke aus Italien und formulierte gleichzeitig
die Ziele seiner künftigen Lebensarbeit:

Weil ich die Alten nachahme, habe ich mit großer innerer Unruhe Italien und das diesseitige Gallien (Oberitalien
) durchstreift, habe nach Dichtern und Rednern Umschau gehalten, die in jeder Stilart die feinsten
waren, habe den orphischen Sängern gehuldigt und die Anhänger Piatons verehrt, um etwas kennen zu
lernen, was dereinst den Deutschen, denen zuweilen die Gestirne Gesetze vorzeichnen, ästhetisches Empfinden
bringen wird. Ich bin einen weiten, riskanten Weg durch die hohen Schulen des Latein gegangen,
um mit Lesen und Schreiben den nahezu ausgelöschten deutschen Namen wieder zum Leben zu erwecken
...Es erfüllt mich mit der größten Freude, dass bereits Leute aufgestanden sind, die die rohe, primitive
Unkultur der Sprache weit aus unserem Land verbannen wollen ... Unsere Epoche braucht keine Cyniker
und keine Sokratiker, sondern nur Menschen mit künstlerischem Talent, die das verödete Deutschland mit
feineren Wissenschaften und mit dem Charme der Musen ansehnlich machen können.19

Das Ziel seines Humanismus ist also, durch die Nachahmung der Alten, den klassischen Autoren
der Antike, das ästhetische und stilistische Empfinden der Deutschen zu schärfen. Gleichzeitig
wandte er sich gegen die geistige und sprachliche Verelendung an den Universitäten
durch die Scholastik.

Im Jahr 1495 wurde dem 24-jährigen Jakob Locher, der sich den Beinamen Philomusus, also
Musenfreund, zugelegt hatte, eine Stelle für Rhetorik und Poesie an der Freiburger Artistenfakultät
angeboten.80 Hier konnte er nun seine Ideen vom Humanismus verwirklichen. Mit dieser
Humanistenlektur wurden die neuen Ideen der „studia humanitatis", die Beschäftigung mit
den antiken Dichtern, Rednern und Geschichtsschreibern in den scholastischen Lehrbetrieb
eingebracht. Die Universität Freiburg hatte sich erst zehn Jahre nach ihrer Gründung zur Einrichtung
dieses Lehrstuhls entschlossen. Der Lehrstuhlinhaber, der „Poet", las zwar öffentlich,
seine Vorlesung war aber nicht examensnotwendig.81 In diese Freiburger Jahre Lochers fallen
bedeutende Veröffentlichungen und die hohe Auszeichnung mit dem Dichterlorbeer als „Poeta
laureatus", die ihm im Auftrag König Maximilians I. verliehen wurde (Abb. 4). Sie dokumentiert
seinen Aufstieg zu einem namhaften Dichter und Autor:82 „Mit Lochers Ästhetik hat die
Freiburger Artistenfakultät an die intellektuelle und künstlerische Avantgarde der europäischen
Humanistenzentren Anschluss gefunden."83

Sein erster großer literarischer Erfolg wurde die „Stultiferia Navis", die lateinische Adaption
des Narrenschiffs seines Lehrers Sebastian Brant. Sie erschien am 1. März 1497 bei Johannes
Bergmann in Basel. Die geniale Übersetzung wurde zum Welterfolg und machte Locher in
internationalen Humanistenkreisen bekannt. In Freiburg begann die fruchtbare Zusammenarbeit
mit Friedrich Riedrer, der seine ersten bedeutenden Werke publizierte und dem er auch bei
der Herausgabe seiner übrigen Produktion zur Seite stand.

Im Jahre 1498 wurde Locher als Nachfolger seines Lehrers Konrad Celtis auf dessen Lehrstuhl
in Ingolstadt berufen. Nach einem weiteren Zwischenspiel in Freiburg von 1503 bis 1506
hielt er in Ingolstadt bis zu seinem Tod im Jahr 1528 seine Vorlesungen über Rhetorik und in-

19 Jakob Locher: Historia de rege franciae cum nonnullis alliis versibus et elegiis. Freiburg, nach dem 5. November
1495 (ISTC il 00261500). Anhang, zitiert nach Coppel (wie Anm. 77), S. 156.
8" Coppel (wie Anm. 77), S. 157.

81 Dieter Mertens: Die Anfänge der Freiburger Humanistenlektur. In: Geschichte in Verantwortung. Festschrift für

Hugo Ott zum 65. Geburtstag. Hg. von Hermann Schäfer. Frankfurt/New York 1996.
«2 Coppel (wie Anm. 77), S. 158.
»3 Ebd., S. 151.

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