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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
126.2007
Seite: 120
(PDF, 57 MB)
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Ein Lateinbuch: Es tu Scolaris. Interrogatoria scolarium

Mit der Herausgabe von „Es tu Scolaris. Interrogatoria scolarium" („Bist du ein Schüler? Schülergespräche
") druckte Friedrich Riedrer ein modernes humanistisches Lateinbuch (Abb. 7).101
Diese „Lateinischen Schülergespräche" dienten der Einübung in Dialogform in eine lateinische
Umgangssprache.102 In Frage und Antwort werden die Grundbegriffe der lateinischen Grammatik
nach den im Mittelalter verbreiteten lateinischen Lehrbüchern von Donatus und Alexander
de Villa Dei abgehört. In das Unterrichtsgespräch werden auch Themen des schulischen
Alltags, des täglichen Lebens, der Gesellschaft sowie der Glaubens- und Sittenlehre eingebracht
. Gegenüber dem scholastischen Einpauken von Grammatikregeln in Merkversen wurde
der Lateinunterricht zu einem lebendigen, zeitgemäßen Sprachkurs, in dem die Ideen des Humanismus
im Alltag verbreitet wurden.

Der Ursprung dieser neuen Methode ist in Heidelberg zu suchen, wo sie in einem „Manuale
scolarium" (1480) angewandt wurde.103 Im Rhein-Neckarraum ist auch die erste Ausgabe
des Lateinbuches „Es tu Scolaris" entstanden, wie die geographischen Beispiele und die
Druckorte der ersten Fassung bezeugen.104 Friedrich Riedrer druckte zwischen 1495 und 1500
eine zweite, gekürzte Ausgabe von „Es tu Scolaris", die am Oberrhein verbreitet war und die
auch sein Basler Kollege Michael Furter nachdruckte.105 Diese Schulbücher schmückte in der
Regel ein sogenannter Accipies-Holzschnitt. Ein Lehrer am Pult, mit einer Taube auf der Schulter
und mit einem Buch, zu dessen Füßen mehrere Schüler sitzen, mit dem hinterlegten Text:
Empfange (accipies!) die heiligen Lehren eines so großen Meisters.106 Ein derartiger Holzschnitt
wurde ursprünglich von dem Kölner Drucker Heinrich Quentel für eine Ausgabe des
Thomas von Aquin, später aber für seine Schulbücher verwendet. Der von Riedrer gedruckte
Holzschnitt zeigt unter dem gleichen Text eine Amtsperson mit Schwert auf einem erhöhten
Podest, die zwei Personen empfängt. Er trägt den Untertitel: Die Antworten der Schüler auf die
Fragen [der Lehrer] verdienen in der Regel wenig Lob und viel Tadel. Unkenntnis ist töricht;
allen aber kommt Wissen zu. Deshalb soll diese Unwissenheit der Schüler, die die Schule besuchen
, beseitigt werden: Hier sind die Fragen an die Schüler mit ihren Antworten kurz zusammengestellt
.

Mit dem lateinischen Schulbuch „Es tu Scolaris" entsprach Riedrer der Forderung der Humanisten
, dem Bürgertum in den Lateinschulen einen Zugang zu Bildung und Wissenschaft zu
ermöglichen. Dieses Lateinbuch fand weite Verbreitung: Aus der Inkunabelzeit sind 26 verschiedene
Drucke bekannt; es wurde auch noch am Anfang des 16. Jahrhunderts nachgedruckt.
Von Riedrers Druck ist nur noch ein Exemplar erhalten.

101 Es tu Scolaris. Interrogatoria scolarium. Freiburg 1495-1500 (Universitätsbibliothek Erlangen, Inc. 1434-6; ISTC
ieOO 108860).

102 Aloys Bömer: Die lateinischen Schülergespräche der Humanisten. Bd. 1: Vom Manuale scholarium bis He-
gendorffinu c. 1480-1520. Berlin 1897/99, S. lf.; Manfred Fuhrmann: Latein und Europa. Geschichte des gelehrten
Unterrichts in Deutschland. Köln 2001, S. 40ff.; Peter Amelung: Der Frühdruck im deutschen Südwesten
1473-1500. Ulm o.J., S. 78; Lateinische Schülergespräche der Humanisten. Hg. von Lore Wirth-Poelchau
(Ratio 31). Bamberg 1992, S. 7f.

'03 Bömer (wie Anm. 102), S. 8.

104 Ernst Salzwedel/Sigmund Becker: Geschichte des Buchdrucks in Freising. Freising 1952, S. 32.

105 Gesamtkatalog der Wiegendrucke (wie Anm. 6), Sp. 9419-9421 und 9423-9425.

106 Wilhelm Ludwig Schreiber/Paul Heitz: Die deutschen „Accipies" und Magister cum discipulis-Holzschnitte
als Hilfsmittel zur Inkunabelbestimmung (Studien zur deutschen Kunstgeschichte 100). Straßburg 1908. Der Titelholzschnitt
von Riedrer ist dort nicht aufgeführt.

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