Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
126.2007
Seite: 141
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2007/0141
sehe, Tartarische Zeitung1* und stammte aus dem Vorbesitz von Konrad Samuel Schurzfleisch
(1641-1708). Schurzfleisch war Professor für Poesie und Geschichte an der Wittenberger Universität
und versah außerdem zwei Amtszeiten als Rektor der Hochschule. Im Jahr 1705 wurde
er für die Leitung der Herzoglichen Bibliothek nach Weimar berufen und wirkte dort bis zu seinem
Tod.14 Ihm folgte sein Bruder Heinrich Leonhard Schurzfleisch (1664-1722) als Bibliothekar
nach. Die umfangreiche Privatbibliothek des älteren Schurzfleisch war Gegenstand eines
jahrelangen Streits, der erst 1722 im Sinne einer Übernahme durch die Herzogliche Bibliothek
entschieden wurde. Aufgrund der Bedeutung der Brüder Schurzfleisch und ihrer
Bücher für die Anfänge der Weimarer Bibliothek wiegen die Verluste von Büchern aus der
Schurzfleisch-Sammlung besonders schwer. Nun lässt sich zeigen, dass die Türckische, Mos-
cowiterische, Tartarische Zeitung wahrscheinlich nicht in Freiburg - weder im Breisgau noch
im Üchtland und auch in keinem anderen Freiburg -, sondern offenbar in Prag gedruckt wurde.
Dafür spricht das Fehlen eines Bezugs auf den Breisgau bzw. ein entsprechender Zusatz für die
anderen gleichnamigen Städte, wie er damals üblich war. Verdächtig ist auch das Fehlen einer
Drucker- oder Verlegerangabe. Zweifel weckt überdies die Angabe Erstlich im Erscheinungsvermerk
, vor allem bei Berücksichtigung der chronologischen Diskrepanz zwischen den Lebensdaten
des genannten Kaisers (gemeint ist Sultan Bayezid IL, 1447-1512) und dem Erscheinungsjahr
1593. Besonders deutet aber der Holzschnitt auf dem Titelblatt auf eine falsche
Angabe zum Druckort hin: Die Darstellung des türkischen Kaisers trägt die Beschriftung Ab-
contrafeyung des jtzt Regirenden Türckischen Keysers Baja-Zeth und wurde in Ausgaben des
Druckers Johann Schumann (wirkte in Prag 1591 bis 1594) verwendet, so etwa in einem Exemplar
der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen, das sogar beide
Werke in einem Sammelband überliefert.15

Dass Freiburg wegen des bezugreichen Namens gerne für solche fingierten Impressumsangaben
verwendet wurde,16 zeigt ein weiterer Weimarer Brandverlust: Es geht um den Druck
mit dem schönen Titel La veritable Philosophie de la Canaille: Das ist die warhaffte Ochsen-
Philosophie,11 der Freyburg ohne regionalen Zusatz und ohne Angaben zu Drucker oder Verleger
als Druckort nennt. Hier konnte schon Emil Weller den Nachweis führen, dass der Druck
nicht aus Freiburg stammt.18 Und auch Die gedämpfte Chur-Bäyrische Krieges-Flamme]9 mit

13 Vollständiger Titel: Türckische, Moscowiterische, Tartarische Zeitung von allen erbärmlichen und schrecklichen
Thaten, so der itzige türckische Keiser, Baiazeth genant, an etlichen Grentzheusern in Ungern, Steurmark und
Grabaten getrieben hat, und was er noch auff diesen Frühlingk für habe; alles in einer künstlichen Landtafel vor-
gebiltet und mit Ziffern erklert; item ein Schreiben des türckischen Keisers an den König von Franckreich und
Navarra, darin auch der Königin von Engelland gedacht wird (Signatur des verbrannten Weimarer Exemplars:
4° IX : 99).

14 Zur Bedeutung der Brüder Schurzfleisch für die Herzogliche Bibliothek siehe Jürgen Weber: Konturen. Die
Herzogliche Bibliothek 1691-1758. In: Herzogin Anna Amalia Bibliothek - Kulturgeschichte einer Sammlung.
Hg. von Michael Knoche. Weimar 1999, S. 39-61, besonders S. 41 ff.

15 Freundlicher Hinweis von Bernhard Weigold, Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen.

16 Ähnliche Fälle sind die häufig fingierten Druckorte „Fröhlichs-Burg", „Freystadt" oder „Wahrstadt".

17 Vollständiger Titel: La veritable Philosophie de la Canaille: Das ist die warhaffte Ochsen-Philosophie, welche
von der 1723. anderswo so getaufften falschen Ochsen-Philosophie unterschieden ist : Wie sich selbige bey dem
gemeinen unverständigen Pöbel in ihrer Religion, ingleichen in Heyrathen, Hochzeiten, Kind-Tauffen, auff Handwerkern
etc. an den Tag leget; wobey alle Wege etwas vernünfftiges angegeben und gezeiget wird (Signatur des
verbrannten Weimarer Exemplars: 40, 7:51).

18 Weller (wie Anm. 12), Bd. I, S. 73.

14 Vollständiger Titel: Die gedämpfte Chuxr-Bäyrische Krieges-Flamme oder Umständliche Nachricht, was Chur-
Bäyern durch die Frantzösische Alliantz und Bekriegung des unschuldigen Schwaben-Landes dem heil. Rom. Reiche
vor unersetzlichen Schaden auf den Hals gezogen und welcher Gestalt durch den gesegneten Feld-Zug des
I704ten Jahres die Waffen der hohen Alliirten diesen dreyjährigen Krieg an der Donau zu einem glücklichen
Ende, Chur-Bäyern aber zu Raison gebracht: Nebst vielen hieher gehörigen Documenten aus den Originalien
abcopiret und mit nützlichen Beurtheilungen erläutert (Signatur des verbrannten Weimarer Exemplars: 4° XXV
: 63 [b]).

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