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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
126.2007
Seite: 151
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mann Europas" galten, der auch den weit überwiegenden Teil der Seeschifffahrt mit dem Ostseeraum
abwickelte.8

Bei der Einschätzung des maritimen Hanfbedarfs in der frühen Neuzeit gilt es auch zu
berücksichtigen, dass es nicht mit dem beim Bau eines Schiffes notwendigen Aufwand an
Hanfmaterial getan war, sondern dass die Beanspruchung durch die Elemente immer wieder
die Ausbesserung der Kalfaterung, die Erneuerung altersschwach gewordenen Materials, die
Ersetzung mürbe gewordener oder vom Sturm zerfetzter Segel und gerissener Taue und Leinen
erforderlich machte. Dazu kam bei der Küstenfischerei und vor allem beim intensiven Heringsfang
der enorme Bedarf an Fischernetzen, die meist nach einer Fangsaison ersetzt werden
mussten. Allein die in diesem Metier führende Fischereiflotte der Niederlande zählte in der ersten
Hälfte des 17. Jahrhunderts zwischen 1.500 und 2.000, möglicherweise sogar 3.000
Schiffe, sogenannte Heringsbüsen (Abb. 2).9 Der Gesamtwert der dabei eingesetzten, aus Hanfgarn
geknüpften Fischereinetze belief sich Ende des 16. Jahrhunderts auf mehr als 2 Millionen
Gulden (fl).10 Schon aufgrund dieser wenigen Schlaglichter lässt sich auch ohne Vorliegen konkreter
Gesamtmengenangaben ermessen, dass allein schon die seit Beginn des 16. Jahrhunderts
deutlich anwachsende Seeschi ff fahrt gewaltige, in diesen Dimensionen bis dahin ungekannte
Mengen an Hanf benötigte und verbrauchte. Nicht zu vergessen ist dabei der - allerdings wohl
deutlich geringere - Hanfbedarf für die Binnenschifffahrt, für die bei günstigen Wind- und
Flussverhältnissen bisweilen segelgetriebenen, streckenweise aber auch an Hanftauen mit
Menschen- oder Pferdekraft getreidelten Frachtschiffe und -kähne, die den Rhein und - soweit
schiffbar - seine Nebenflüsse als bedeutendste Verkehrsader Mitteleuropas befuhren.11 Auch
für die Herstellung und Ausstattung dieser Flussschiffe war Hanf ein unverzichtbares Material
und sogenannter Oberländer Hanf, also solcher aus dem Oberrheingebiet, spielte eine bedeutende
Rolle.12

o.O. 1988, S. 180. Leider bleiben alle drei Werke einen Quellennachweis schuldig. 20.000-25.000 Seeschiffe in
Europa insgesamt, davon 15.000-16.000 niederländische nennt Ernst Baasch: Holländische Wirtschaftsgeschichte
(Handbuch der Wirtschaftsgeschichte). Jena 1927, S. 321 mit Anm. 5, dort Literaturhinweise. Sombart
(wie Anm. 4), Zweiter Band: Das europäische Wirtschaftsleben im Zeitalter des Frühkapitalismus, vornehmlich
im 16., 17. und 18. Jahrhundert, S. 282, geht davon aus, dass die holländische Handelsflotte „sicher im 17., vielleicht
auch noch in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts die größte Europas" war.

8 Schon in den Dreißigerjahren des 16. Jahrhunderts liefen jährlich 400-600 holländische Schiffe den Danziger Hafen
an und im Jahr 1608 passierten laut Sundzollregister 4.362 Schiffe aus den Niederlanden den Öresund, das
waren 66,3 % der Gesamtzahl von 6.582 Passagen. Für die Jahre 1661-1670 wird die Zahl der Sunddurchfahrten
für beladene holländische Schiffe mit 14.342, für solche, die nur in Ballast fuhren, mit 13.807 angegeben,
wobei allerdings zu berücksichtigen ist, dass die zunehmend größeren Frachtschiffe, deren Anteil an der Handelsschifffahrt
seit 1600 deutlich stieg, die Ostseefahrt mehrmals im Jahr unternahmen. Zu diesen Angaben siehe:
Europäische Wirtschafts- und Sozialgeschichte von der Mitte des 17. Jahrhunderts bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts
. Hg. von Ilja Mieck (Handbuch der europäischen Wirtschafts- und Sozialgeschichte 4). Stuttgart 1993,
S. 163, sowie Kellenbenz, Handbuch (wie Anm. 3), S. 286f.; Ders., Landverkehr (wie Anm. 3), S. 370 und 376;
Ludwig Beutin: Die britische Navigationsakte von 1651. In: Die Welt als Geschichte 12 (1952), S. 44-53, hier
S. 49, Anm. 12.

9 Zu diesem Schiffstyp siehe Hagedorn (wie Anm. 3), S. 92-95.

10 Baasch (wie Anm. 7), S. 58f. mit Anm. 2 auf S. 59. Für die Mitte des 17. Jahrhunderts wird laut Baasch der Bruttoertrag
der holländischen Heringsfischerei in guten Jahren mit 21-22 Millionen fl veranschlagt. Ausführlich zur
niederländischen Seefischerei in der frühen Neuzeit ebd. S. 56-74.

11 Zur Rheinschifffahrt vgl. den informativen Abriss von Clemens von Looz-Corswarem: Zur Entwicklung der
Rheinschiffahrt vom Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert (veröffentlicht in: Düsseldorf und seine Häfen, 1996, aus
Anlaß des 100jährigen Hafenjubiläums); im Internet unter: www.duesseldorf.de/stadtarchiv/stadtgeschichte/auf-
saetze/Zur-Entwickl-d-Rheinschiffahrt.pdf. Vor allem zu den verschiedenen Typen von Frachtschiffen auf dem
Rhein und ihrer Entwicklung siehe Werner Böcking: Schiffe auf dem Rhein in drei Jahrtausenden. Die Geschichte
der Rheinschiffahrt. Moers 1979 (Bildband) und 1980/81 (Textband).

12 Vollrath Vogelmann: Der Hanfbau im Großherzogtum Baden. Karlsruhe 1840; Der Hanfbau und seine Bereitung
im Bezirke Emmendingen. Eine Anleitung zur bessern Behandlung dieses wichtigen Produktes, seinen fleißigen
Anpflanzern gewidmet von dem landwirtschaftlichen Bezirksverein Emmendingen. Freiburg 1850, S. 23.

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