Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
126.2007
Seite: 156
(PDF, 57 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2007/0156
sich zu nehmen. Das war etwa an der Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert. ... So schritt man
dann zum Verkauf der selbst angefertigten Gegenstände aus Hanf, wie Leinwand, Kölsch,
Halbleinen und Packtüchern."28 Um die Mitte des 18. Jahrhunderts wurde Lahrer Hanflein-
wand in Colmar, in der Pfalz, auf den Messen von Frankfurt und Köln abgesetzt, aber auch in
der Schweiz, etwa auf der Zurzacher Messe; Handelsbeziehungen und Handelsverbindungen
für Lahrer Weberzeugnisse reichten bis nach Italien.29 Neben den bereits genannten Produkten
fertigten die Lahrer Weber außerdem Trilch (aus dreifädigem Garn gewebte Leinwand), Segeltuch
, Jagdtuch - das war grobe Leinwand zum Einhegen von Waldstücken bei der Jagd -
und Canevaß (Cannevaß, Cannevas, Cannefaß, Kannefas, franz. canevas, engl, canvas, von
mittellat. canavas für Hanf ).30 Mit letzterem wurden verschiedene, in erster Linie aus Hanf,
aber auch aus Leinen und aus Baumwolle gewebte Fabrikate bezeichnet. Was die hänfenen Produkte
betrifft, so diente der dünn, mit kleinen Zwischenräumen gewebte Canevaß als Trägergewebe
für bestickte Stofftapeten. Auch wurden aus Canevaß Säcke hergestellt. Der Begriff bezeichnete
aber auch „eine gewisse grobe, sehr starke, dicht gewebte und fest geschlagene hänfene
Leinwand, dergleichen die Holländer fabriciren, und zu Schiffsegeln gebrauchen".31 Dabei
stammte nach Angaben aus der Mitte des 18. Jahrhunderts weniger als der zehnte Teil des dort
verarbeiteten Hanfs aus eigenem Anbau auf Lahrer Gemarkung. Das zusätzlich benötigte
Rohmaterial bezogen die in der Handelszunft zusammengeschlossenen Lahrer Weber vor allem
aus den in der Herrschaft Mahlberg gelegenen Orten Kippenheim, Kippenheimweiler,
Schutterzell, Ichenheim, Dundenheim, Ottenheim und Friesenheim.32 Im Amt Mahlberg lag der
Eigenverbrauch an Hanf jährlich bei etwa 1.500 Zentnern, etwa 500 Zentner gingen an Seiler
und Weber im Lande, also auch nach Lahr. Der größte Teil aber, etwa 4.000 Zentner im Wert
von 120.000 fl, wurde ins Ausland exportiert.33 Große Mengen an Hanfgarn kauften die Lahrer
Weber auch auf dem bedeutenden Ettenheimer Garnmarkt zu, auf dem im späten 18. Jahrhundert
jährlich Hanfgarn und Spinnhanf im Wert von 30.000 fl Absatz fand.34 Die Blüte dieses
Gewerbes und Handels führte schließlich im Jahr 1767 zur Gründung des ersten größeren
Handelsunternehmens in der Geschichte der Stadt Lahr, der Firma „Schneider, Lotzbeck &
Comp.", die vor allem Segeltuch in großen Mengen ins Ausland lieferte.35 In weiten Teilen der

28 Karl Tröndle: Zur Geschichte der amtlichen Handelsvertretung in Lahr. Lahr 1930, S. 27.

29 Ebd., S. 27; Käthe Roth: Die Stadt Lahr (Forschungen zur deutschen Landeskunde 123). Bad Godesberg 1961,
S. 24f.

30 Tröndle (wie Anm. 28), S. 34; Jagdtuch: Jacob Grimm/Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch. 16 Bde. [in
32 Teilbänden]. Leipzig 1854-1960, hier Bd. 10, Sp. 2212; im Internet unter: germazope.uni-trier.de/Pro-
jects/DWB; Cannefaß: Jakob/Bornitz: Tractatus politicus De Rerum Sufficientia. Frankfurt a.M. 1625, S. 108:
Vulgo Cannefaß/ grob Sacktuch/ oder Leinwath. Im Internet unter: www.uni-mannheim.de/mateo/camenahist/
bornitz3/jpg/s 124.html (eingesehen am 20.08.2006) sowie Krünitz (wie Anm. 6), Bd. 7 (1776), Artikel „Canevaß
, Cannevaß, Cannevas, Kannefas", S. 619-623, hier S. 619.

31 Krünitz (wie Anm. 30), S. 619f.

32 Roth (wie Anm. 29), S. 25.

33 Baier (wie Anm. 27), S. 250.

34 Eberhard Gothein: Wirtschaftsgeschichte des Schwarzwaldes und der angrenzenden Landschaften. Erster
Band: Städte- und Gewerbegeschichte. Straßburg 1892, S. 725; Philipp Ludwig Hermann Röder: Geographisches
statistisch-topographisches Lexikon von Schwaben. 2 Bde. Ulm 1791/92, hier Bd. 1, A-K (1791), Sp. 498f.

35 Ferdinand Stein: Geschichte und Beschreibung der Stadt Lahr und ihrer Umgebungen, mit vorzüglicher Berücksichtigung
der Handelsverhältnisse. Lahr 1827, S. 177. Ebd., S. 214ff., auch ein Überblick über den „Handel mit
Hanf, Garn, Docht und Leinwand", der in Lahr bedeutend war. Vgl. Roth (wie Anm. 29), S. 25, sowie Boelcke
(wie Anm. 19), S. 151. Im einschlägigen Band der modernen dreibändigen Geschichte der Stadt Lahr werden
dieses Unternehmen und die Bedeutung von Hanfanbau, -Verarbeitung und -handel in der Wirtschaftsgeschichte
der Stadt erstaunlicherweise nur en passant gestreift: Ursula Huggle: Pioniere der ersten Stunde. Lahrer Unternehmerfamilien
. In: Geschichte der Stadt Lahr. Bd. 2: Vom Dreißigjährigen Krieg bis zum ersten Weltkrieg.
Lahr 1991, S. 153-170, hier S. 162f.; Reinhard Heblöhl: Die Entwicklung der Lahrer Industrie von 1774 bis
1918. In: Ebd., S. 132-152, hier S. 132f.

156


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2007/0156