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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
126.2007
Seite: 160
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sind in der erwähnten Liste von 1726 auch vier Seiler aufgeführt, ein Handwerk das sich ebenfalls
schon im mittelalterlichen Kenzingen nachweisen lässt.52 Das Seilwerk zu den Flaschenzügen
, das der im ersten Teil erwähnte Kenzinger Maurermeister Haug beim Wiederaufbau
des oberen Torturms im Jahr 1666 laut Werkvertrag mit der Stadt selbst zu stellen hatte,53
war also sicherlich von ortsansässigen Seilern aus heimischem Hanf gefertigt.

Dörren, Brechen, Schleißen, Pleueln, Reiben, Hecheln -
weitere Arbeitsschritte zur Gewinnung der Hanffaser

Nach diesem wirtschafts- und handelsgeschichtlichen Exkurs soll nun die Darstellung der verschiedenen
Arbeitsgänge, die zur Gewinnung dieser für so viele und unterschiedliche Zwecke
unentbehrlichen Naturfaser notwendig waren, ihre Fortsetzung finden. Nach dem Rösten, das
die klebrig-harzige Verbindung zwischen dem holzigen Kern der Hanfstängel und der sie umschließenden
, den Faserbast enthaltenden Rindenschicht weitgehend zersetzt und aufgelöst
hatte, mussten, um den Faserbast von den Stängeln ablösen zu können, diese zunächst im
Freien gut durchgetrocknet und dann unter Hitzeeinwirkung gedörrt werden. Für Hanf galt vermutlich
wie für Lein, dass die Stängel vor dem eigentlichen Dörren erst gut an der Luft getrocknet
sein mussten (Abb. 3), weil sonst später beim Brechen der Stängel der Faserbast reißen
und statt langer, fürs Spinnen und für die Seiler geeigneter Fasern zuviel kurzfaseriges, minderwertiges
Werg anfallen würde.54 Oft waren in Orten mit erheblichem Hanfanbau besondere
Dörröfen und Dörrhäuser in sicherem Abstand von der Wohnbebauung vorhanden, oder man
bediente sich sogenannter Hanfdarren. Dies waren Gruben, in denen man ein starkes Feuer entfachte
und dieses niederbrennen ließ, bis nur noch Glut vorhanden war. Dann überdeckte man
die Grube mit Wagen- oder anderen Holzleitern oder auch mit frisch geschlagenen Stämmchen
und legte darauf die aufgelockerten Bündel von Hanfstängeln zum Dörren aus. Oft aber, vor
allem bei anhaltend feuchter Witterung, wurde der Hanf auch im Haus gedörrt, am Ofen, am
Herd oder am Kamin - zumindest die Herde und damit auch die Kamine waren ja winters wie
sommers täglich in Gebrauch, wurden dort doch die warmen Speisen zubereitet - oder auch in
den Backöfen.55

Das Hanfdörren im Haus barg unter feuerpolizeilichen Gesichtspunkten natürlich große Gefahren
, vor allem durch Risse und Löcher in den gemauerten Öfen und Herden, durch die Funken
entweichen oder Flammen herausschlagen und die daneben zum Durchtrocknen aufgeschichteten
Bündel von Hanfstängeln entzünden konnten. Diese Gefahr betonte schon der im
ersten Teil dieses Beitrags genannte Johannes Coler in seiner „Oeconomia ruralis et dome-
stica".56 Und das 1731 erstmals erschienene „Allgemeine Oeconomische Lexicon" von Georg
Heinrich Zincke warnt unter dem Stichwort Flachs=Darre ausdrücklich vor der Feuergefahr
beim Dörren von Flachs und Hanf im Haus, wodurch schon „viel Feuers-Brünste erwecket, und

52 Treffeisen, Breisgaukleinstädte (wie Anm. 49), S. 45.

53 Teil I dieses Beitrags in: Schau-ins-Land 125 (2006), S. 73-102, hier S. 87f. mit Anm. 57.

54 Krünitz (wie Anm. 6), hier Bd. 76 (1799), Stichwort „Lein", S. 97.

55 Encyclopedie ou Dictionnaire raisonne des sciences, des arts et des metiers. Par une societe de gens de lettres.
Mis en ordre & publie par M. Diderot, de lAcademie Royale des Sciences & des Belles-Lettres de Prusse; &
quant ä la partie mathematique, par M. dAlembert, de lAcademie Royale des Sciences de Paris, de celle de
Prusse ..„Textbd. 1-17, Paris 1751-1765, Tafelbd. 1-10 (in 11 Bdn.), 1762-1772, Ergänzungsbd. 1-5, 1776-1777,
Registerbd. 1-2, 1780, hier Textbd. 3 (1753), Artikel „Chanvre", S. 147-157, hier S. 149f., dort die Beschreibung
eines Dörrhauses für Hanf (häloir) und des Dörrverfahrens über offenem Feuer; im Internet unter: diderot.alem-
bert.free.fr sowie portail.atilf.fr/cgi-bin/getobject_?a.l7:50./var/artfla/encyclopedie/textdata/IMAGE/). In Anlehnung
an die Encyclopedie vgl. Krünitz (wie Anm. 16), S. 793.

56 Johannes Coler: Oeconomia ruralis et domestica. 2 Teile in Bd. 1. Mainz 1665, hier 1. Teil, 5. Buch („Vom Säe-
werk"), S. 154. Vgl. Teil I (wie Anm. 1), S. 76f. mit Anm. 15.

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