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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
126.2007
Seite: 169
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sollte, wie die „Encyclopedie" betont, diese Tätigkeit ebenso wie zuvor das Hanfbrechen zum
Schutz der Arbeiter in einem Raum mit großen, offenen Fenstern durchgeführt werden.80

Der Strähnhanf war aber immer noch recht grob, und die Einzelfasern hingen noch stark zusammen
. Zum Verspinnen war diese Produktionsstufe der Fasergewinnung noch nicht geeignet
; die dafür nötige Qualitätsstufe des „Spinnhanfs" erhielt man erst mit dem abschließenden,
letzten Arbeitsgang des Hecheins (Abb. 7). Das dafür benötigte Arbeitsgerät war die Hanfhechel
, eine auf der Oberseite meist mit Blech beschlagene, etwa einen Quadratfuß messende
Holzplatte mit mehreren versetzt auf Lücke stehenden Reihen scharfkantiger Metalldornen von
rautenförmigem Querschnitt, welche je nach gröberem oder feinerem Kaliber der Hechel länger
oder kürzer und in weiterem oder geringerem Abstand voneinander angeordnet waren. Hecheln
wurden zusammen mit Mäusefallen im 18. und vermutlich auch schon im 17. Jahrhundert
von reisenden Krämern und Hausierhändlern feilgeboten, die teils von jenseits der Alpen,
sogar aus Venetien kamen. Im späten 18. Jahrhundert wurden „insonderheit die ettenheimer
Hecheln, oder diejenigen, welche in Ettenheim, einem Städtchen im Breisgau, verfertigt sind,
gerühmt. Sie werden vornehmlich zu Hanfe gebraucht und dauern [haltenl viele Jahre".81
Schließlich produzierten dort um 1840 „drei Hechelnfabrikanten, welche jede beliebige Art von
Hecheln fertigen und jährlich gegen 1000 Stück in das Ausland, namentlich in die Niederlande
und nach Norddeutschland absetzen".82

Um dem Hechler den nötigen Widerstand bieten zu können, mussten die verschieden kalibrierten
Hecheln natürlich fest auf der Hechelbank montiert sein. Der Hechler griff eine Handvoll
geschwungenen Strähnhanf etwa in der Mitte und schlang sich die eine Hälfte des Faserbündels
in mehreren Windungen um Handgelenk und Unterarm, so dass der andere Teil frei
herabhing. Dann nahm er das Bündel fest in den Griff, schlug das vorderste Ende des herabhängenden
Faserbüschels mit einer kreisförmigen Armbewegung von oben kraftvoll in die Hechelzähne
ein und zog dann den Basthanf mit einem kräftigen, gleichmäßigen Zug zu sich hin
durch die Hechel. Bei jeder Wiederholung dieses Arbeitsablaufs schlug der Hechler den Hanf
ein Stück weiter in Richtung auf seine Hand in die Hechel ein, bis die Hand, die das Faserbündel
hielt, beim Einschlagen beinahe die scharfen und spitzen Zähne der Hechel berührten.
So wurden die noch netzförmig und durch Reste des Pflanzenleims miteinander verbundenen
Fasern des Schwunghanfs nach und nach in ihrer ganzen Länge getrennt, glattgestrichen und
in eine parallele Lage gebracht - Voraussetzung dafür, dass sie später zu Faden und Garn gesponnen
werden konnten. Außerdem wurden so letzte Splitter des holzigen Stängelkerns sowie
kürzere Fasern, die Hede und das Werg, ausgekämmt. Wenn die eine Seite des Faserbündels
gehechelt war, griff der Hechler nun diese auf die beschriebene Weise und schlug jetzt die andere
, noch unbearbeitete Hälfte des Faserstrangs in die Hechel, hechelte sie nach und nach
durch. Dabei musste besonders darauf geachtet werden, dass nicht nur die Enden sondern auch
der Mittelteil des Strangs gut und gleichmäßig gehechelt wurden, was Augenmaß, Erfahrung
und eine gewisse Unerschrockenheit erforderte angesichts der Kraft, mit der die das Faserbündel
haltende Hand dieses von oben in die Hechel einschlug und sich im mittleren Bereich des
Faserstrangs ja immer mehr den spitzen und scharfen Hechelzähnen näherte. Nacheinander
wurde so die Faserstränge erst durch die grobe, dann die mittlere und schließlich durch die
feine Hechel mit den am engsten stehenden Zähnen gezogen. Je öfter der Strang durch die verschiedenen
Kaliber von Hecheln gezogen wird, „desto weicher, weißer und feiner wird der
Hanf, man möge ihn nun zu Stricken und Seilen oder zum Weben bestimmen". Nach dem He-

X() Encyclopedie (wie Anm. 55), S. 153; Krünitz (wie Anm. 16), S. 797f.; Rein- und Strähnhanf: Ebd., S. 817.

xl Grimm (wie Anm. 30), Bd. 10, Sp. 737, Stichwort „Hechelkrämer"; das Zitat bei Krünitz (wie Anm. 6), hier Bd.
22 (1781), Stichwort „Hechel", S. 577; Ettenheim als Produktionsort für Hecheln und Hechelzähne auch bei Röder
(wie Anm. 34), Sp. 498f.

82 Vogelmann (wie Anm. 12). S. 41.

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