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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
126.2007
Seite: 170
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cheln wurde der Hanf, „damit er sich nicht verwirre, gemeiniglich in Bündlein, ungefähr 1 1/8
Pfund schwer, zusammen gebunden, welches im Hoch= und Oberdeutschen eine Kaute, ein
Kloben, eine Knocke, eine Reiste oder Riste, imgleichen ein Zopf, im Osnabrück.[ischen] eine
Dysse, Fr.[anzösisch] Liasse, Courton oder Cordon de chanvre heißt, deren sodann verschiedene
, manchmahl 20 bis 24, wiederum in ein großes Bund, Fr. Botte de chanvre, zusammen
gebunden werden". Die durch das Hecheln gewonnene Faserqualität wurde als „Spinnhanf' bezeichnet
.83

Das Hecheln erforderte Kraft und Ausdauer, aber auch Geschick, Genauigkeit und Erfahrung
, denn durch Fehler bei diesem Arbeitsgang konnte viel von dem Faserbast verdorben und
damit die bis dahin aufgewendete Mühe zunichte gemacht werden; es war „eine von den Behutsamkeiten
, welche die Erfahrung allein lehret".84 Laut „Oekonomischer Encyclopädie" verarbeitete
ein geübter Hechler am Tag 60 bis 80 Pfund Schwunghanf; dabei sei aber mehr daran
gelegen, dass er die Arbeit gut, als dass er sie schnell verrichte.85 In den verschiedenen oberrheinischen
Territorien und Herrschaften war das Gewerbe der Hänfer und Hechler unterschiedlich
geregelt:

„Als landwirtschaftliches Nebengewerbe war dies in den anderen hanfbauenden Distrikten der Ottenau
und des Breisgaues von eigentlichen Zunftbestimmungen frei gelassen worden. In den Hänferordnungen
von Bühl und Achern war weder ein Meisterstück noch eine bestimmte Lehrzeit vorgeschrieben, und die
Gesindezahl war bei weitem nicht so beschränkt wie bei den städtischen Gewerben, entsprach vielmehr
den bäuerlichen Verhältnissen. Eine Art genossenschaftlicher Verfassung ward in Achern erst 1578 eingeführt
, als 3 Verordnete gewählt wurden, die über die Güte des Hanfs entscheiden sollten. Im Übrigen
beschäftigten sich diese Ordnungen bloß mit der polizeilichen Regelung des Hanfhandels. In Hachberg
dagegen ward 1607 eine wirkliche Landeszunft gestiftet; die Ordnung die sie erhielt, zeigt allerdings auch,
dass man dem Bauern so wenig lästig als möglich fallen wollte, war doch der Hanfbau für ihn die eigentlich
geldbringende Kultur, während die anderen mehr seiner Naturalwirtschaft dienten. Ein Meisterstück
wird also zwar eingeführt, aber wer es nicht macht, soll doch von der Arbeit nicht ausgeschlossen
sein, sondern hat nur eine geringe Abgabe an die Zunft zu entrichten; auch die ledigen Burschen mögen
um Lohn dem gemeinen Mann hänfen, nur selber Hanf kaufen, bereiten und verkaufen dürfen sie nicht.
Erst nach dem Dreißigjährigen Kriege wurden die Zunftschranken enger gezogen; die Fremden wurden
ausgeschlossen, das Hecheln im Taglohn ward nur noch dem gelernten Meister gestattet, das Meisterwerden
erschwert."86

In Relation zum Ausgangsprodukt war die Ausbeute an langen Fasern bei der Gewinnung
von Spinnhanf verhältnismäßig gering: „Beim Hecheln gewinnt man aus 100 kg geschwungenem
[also schon weitestgehend von den holzigen Teilen des Stängels gereinigten] Hanf 44-66
kg reinen Spinnhanf; 1-6 kg sind unbrauchbare Substanzen, und der Rest besteht aus Hede. Es
können mithin aus 100 Teilen grünem Hanf höchstens 5-8 Teile spinnbare Faser gewonnen werden
."87 Allerdings ließen sich die kürzeren Fasern von Hede und Werg ebenfalls zu Webgarn
verspinnen, wenn man Wolle, Seide oder Haare beimischte. Außerdem diente Werg zur Herstellung
von Watte und von Lichtdochten. „Das gröbste und schlechteste Werg kann bey Kalfaterung
der Schiffe, zum Verstopfen der Ritzen und Fugen angewendet werden."88 Die bei der
Gewinnung der Fasern durch das Schleißen anfallenden, ganzen Hanfstängel wie auch die beim
Brechen entstehenden Bruchstücke fanden ebenfalls mancherlei Verwendung. Die Stängel von
großen, kräftigen Pflanzen wurden „oft so dick daß man Löffel daraus machen [schnitzen]

83 Encyclopedie (wie Anm. 55), S. 154ff.; Krünitz (wie Anm. 16), S. 804ff., dort auch das Zitat; Spinnhanf: Ebd.,
S. 817.

84 Ladislaus von Stoixner: Abhandlungen vom Seiden-, Flachs- und Hanfbau, ingleichen von einer Art Seide aus
Spinnweben. Nürnberg 1788, S. 193. Im Kapitel „Von dem Hanfbau" (S. 185-196) werden lediglich die landwirtschaftlichen
Arbeiten und die Schritte zur Fasergewinnung dargestellt.

85 Encyclopedie (wie Anm. 55), S. 157; bei Krünitz (wie Anm. 16) als Übersetzung auf S. 807.

86 Gothein (wie Anm. 34), S. 427; zur Acherner Hänferordnung siehe Beck (wie Anm. 25), S. 143.

87 Meyers Konversations-Lexikon (wie Anm. 62), Bd. 8, S. 122.

88 Krünitz (wie Anm. 16), S. 808 und 831 f.

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