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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
126.2007
Seite: 171
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kann"; außerdem benutzen sie arme Leute als Material bei der Abdeckung des Daches. Aus den
beim Brechen anfallenden Schäben wurde Holzkohle für die Herstellung von Schießpulver gewonnen
; zudem wurden sie als Baumaterial genutzt, etwa für die Befestigung von Wegen oder
ähnlich wie gehächseltes Stroh als Beischlag zum Lehm, mit dem die Gefache von Fachwerkhäusern
ausgefüllt wurden.89

Die weiteren Arbeitsschritte bei der Verarbeitung von Hanf zu Fertigprodukten, also das
Spinnen des Fadens oder Garns, das Weben der Hanfleinwand oder das Schlagen von Tauwerk
auf der Seiler- oder Reeperbahn soll hier nicht weiterverfolgt werden. Schon aus dem bisher
Dargestellten dürfte allerdings klargeworden sein, dass auch für Hanf zutrifft, was Johann Co-
ler in seiner „Oeconomia ruralis et domestica" über den Flachs schrieb, der im Anbau und bei
der Fasergewinnung sehr ähnlich oder sogar gleich gehandhabt wurde wie der Hanf:

„Flachsarbeit [resp. Hanfarbeit] ist eine große Arbeit/ und hält wol hunderterley andere Arbeiten/ und viel
mehr in sich. Dann mir hat einmal ein guter Mann hunderterley/ und noch achtzehen Arbeiten darüber
[hinaus] angezaiget/ die alle zuvor geschehen müssen/ ehe man eine Leinwad [Leinwand]/ so davon gemacht
wird/ brauchen kann."90

Soweit nur geringere Mengen für den Selbstverbrauch zu hecheln waren, wurde das Hecheln
als letzter Arbeitsgang vor dem Verspinnen der Fasern zu Hanffäden und -garnen wohl auch
gelegentlich in Eigenarbeit von Familienmitgliedern und Dienstpersonal besorgt. Vor allem
dann aber, wenn es sich um größere, zum Verkauf bestimmte Mengen handelte, übergab man
diese Arbeit, die vorwiegend im Herbst und im Winter, der ruhigeren Zeit im bäuerlichen Arbeitsjahr
, vorgenommen wurde, Lohnhechlern. Die körperlich anstrengende, auf Dauer monotone
Arbeit des Hecheins wurde häufig auch abends, nach Einbruch der Dunkelheit betrieben.
Weil beim Hecheln, ähnlich wie beim Dreschen, viel Staub entstand, ging von dieser Arbeit -
neben der Gesundheitsgefahr für die Hechler - auch eine nicht geringe Feuersgefahr aus, wenn
sie bei künstlichem Licht, und das hieß damals ja im allgemeinen bei einer offenen Flamme,
betrieben wurde.

Um dieser Gefahr vorzubeugen, beschloss der Rat der Stadt Kenzingen in seiner Sitzung am
7. Oktober 1655 nicht nur das bereits erwähnte Verbot des Hanfdörrens bei Stubenöfen und anderen
gefährlichen Orten, sondern auch, dass das nächtliche Hecheln nur unter einer bestimmten
Bedingung erlaubt sein sollte:

... wan [wenn] der Hechellman sich mit einer großen Leithemen versehe vndt also sicher vndt ohne gefahr
darmit seinen dienst versehen könden [können] würdet, widerigen Fahls Er Hechelmann sich gleich wohl
vmb anderer gelegenheit als etwan zwischen allten mauern [bejwerhen solle. Solle auch sich männiglich
[jeder] des liecht[-] vnndt nacht[-Jtroschen [Dreschen] bemueßigen [enthalten], es habe dan [denn] [der]
ein oder anderer den erlaubtnuß mit Versprechung genuogsamber Sicherheit [vor] all vndt jeden Schadens
sich bey herrn Schallt ha isen erholtet.91

In einer Laterne war die Lichtflamme ja abgeschirmt und damit die Feuergefahr zumindest vermindert
. Die Hechler, die über keine Laterne verfügten, sollten ihre Arbeit zwischen allten
mauern versehen, womit wohl von der Kriegszerstörung des Jahres 1638 herrührende, noch
nicht wieder bebaute Ruinengrundstücke in der Stadt gemeint waren.92 Aus eben demselben
Grund wurde auch das Dreschen nach Einbruch der Dunkelheit untersagt, und wie beim Hecheln
wurde die Erlaubnis dafür vom Schultheiß nur erteilt, wenn die Benutzung einer Laterne
zur Beleuchtung die geforderte, ausreichende Sicherheit versprach.

89 Ebd.. S. 809f. und 833.

90 Coler (wie Anm. 56), S. 154.

91 StadtAF, LI Kenzingen C VIII Extra ludiciale Prothocollum civitatis Kentzingensis (1655-1674), fol. 2r + v. Die
Feuersgefahr beim Hanfdörren im Haus und beim Hecheln bei Licht thematisiert auch die Dorfordnung von Rust
aus dem Jahr 1565; vgl. Debacher (wie Anm. 74), S. 399.

92 Auch noch ein Vierteljahrhundert nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges gab es in Kenzingen noch nicht
wieder bebaute Ruinengrundstücke, vgl. Hellwig (wie Anm. 50). S. 99.

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