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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
126.2007
Seite: 174
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2007/0174
hebung der bis dahin offenbar auch in Kenzingen üblichen, unterschiedlichen Entlohnung für
das Dreschen von Winter- oder Sommerfrucht.105 Übrigens, das sei am Rande erwähnt, war das
Dreschen keineswegs eine Tätigkeit für ungelernte Haudraufs, sondern zumindest im 18. Jahrhundert
und sicherlich auch schon im hier in den Blick genommenen Zeitraum ein zünftig organisiertes
Handwerk mit Lehrzeit.106 Der Umstand, dass die Arbeit des Dreschens vor allem
im Herbst und Winter vorgenommen wurde und also jahreszeitlich gebunden war, machte die
Drescher hinsichtlich der Lohnhöhe auch erpressbar:

„Der ordinäre Tage= oder Wochenlohn ist, noch jeden Orts Gelegenheit, verschieden. Gleich nach der
Aernde [Ernte], wenn das gemeine Volk etwa sonst noch Arbeit weiß, muß wöchentlich wohl 1 Thaler [=
2 fl], wenigstens 21 Groschen [1 Gr. = 12 d], ohne Kost gereichet werden. Im Herbste werden sie [die
Drescher] schon kirrer [gefügiger]; und wenn es nicht etwa irgendwo einen langwierigen Holzschlag giebt
[wo sie sich verdingen können], so laßen sie sich schon mit 18 Gr. abfinden. Im Winter, wo sie sonst weder
aus noch ein wissen, nehmen sie mit 15, auch wohl mit 12 Gr. vorlieb."107

Bei durchschnittlich fünf Arbeitstagen pro Woche108 waren das täglich im Höchstfall 24 xr und
beim niedrigsten Tarif knapp 11 xr ohne Verpflegung, wobei diese Löhne für die Mitte der
1770er-Jahre galten.

Ausgangspunkt des Versuchs, wenigstens annäherungsweise den Geldwert des den Kenzin-
ger Dreschern rund eineinviertel Jahrhunderte früher vom städtischen Rat verordneten Natural-
Taglohns zu berechnen, ist das genannte Hohlmaß Legel (Lagel, Lägel, Lögel), das üblicherweise
45 bis 50, in Freiburg 48 1 Fassungsvermögen besaß,109 also reichlich das Doppelte eines
Sesters unter Zugrundelegung des mit 22,8 1 korrekt errechneten Inhalts dieses Hohlmaßes.
Nach Freiburger Legelmaß beliefe sich die in Kenzingen festgelegte Naturalentlohnung von 6
Legein demnach auf 288 1 oder reichlich 12 Vi Sester pro Tag zuzüglich Verpflegung. Nun liegen
für Kenzingen bisher keine Angaben über Kornpreise in den 1650er-Jahren vor, wohl aber
findet sich im „Außgaab Buoch" der Stadt Freiburg für das Rechnungsjahr 1650 ein vereinzelter
Eintrag, in dem der Sester Weizen mit 18 und der Sester Gerste mit 12 Batzen (bz) veranschlagt
sind.110 Bezogen auf das große Freiburger Legel von 48 1 entspräche der in Kenzingen
beim Dreschen von Weizen im Taglohn ausbezahlte Getreidemenge grob gerechnet somit
ein Geldwert von etwas mehr als 15 fl, bei Gerste immer noch von 10 fl - völlig abwegige Summen
als Tagesentlohnung, wenn man sie mit den eben aus der „Oekonomischen Enzyclopädie"
angeführten, allerdings zeitlich deutlich später angesiedelten Höhe von Drescherlöhnen vergleicht
. Berücksichtigen wir noch, dass das Jahressalär eines in Diensten der Stadt Freiburg beschäftigten
Zimmermanns im Jahr 1656 laut „Außgaab Buoch" 16 lb oder reichlich 25 Vi fl.
betrug oder dass die Stadt Kenzingen an Maurermeister Hug für die sicher nicht in drei oder
vier Tagen zu erledigenden Instandsetzungsarbeiten am südlichen Torturm im Jahr 1666 37 fl
nebst einer späteren Nachbesserung von 2 fl sowie noch Naturalien und Ein- und Ausstandswein
zahlte,111 wird klar, dass bei obiger Rechnung entweder das Hohlmaß oder der veranschlagte
Getreidepreis oder beides nicht den realen Verhältnissen entsprochen haben kann.

Nun mag der im Freiburger „Außgaab Buoch" von 1650 angegebene Getreidepreis besonders
hoch gewesen sein, zumal es sich bei dem Ankauf um eine kleinere Menge handelte. Auch

105 Zu dieser Unterscheidung vgl. ebd., S. 571.

106 Ebd., S. 611-618; dort nicht datierte, aufgrund der Sprache und der vereinzelt genannten Kleidungsdetails vermutlich
ins 17. Jahrhundert zu setzende Drescher=Zunftartikel aus Sachsen.

Ebd., S. 571.

108 Diese durchschnittlich fünf Arbeitstage setzt der Autor an, um die im Vergleich zu heute weitaus größere Zahl
von kirchlichen Feiertagen in Rechnung zu stellen.

109 Artikel „Alte Maße und Gewichte". In: Wikipedia (eingesehen am 2.08.2006); Freiburger Lägel: Huggle/Ohler
(wie Anm. 101), S. 29.

110 StadtAF, El A 1 b 1 Nr. 105, fol. 13v.

i" StadtAF, El A 1 b 2 Nr. 134, fol. 1 lv; zu Kenzingen: Hellwig (wie Anm. 47), S. 108.

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