Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
126.2007
Seite: 176
(PDF, 57 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2007/0176
Kenzinger Drescher ein Geldwert von 57,8 d oder rund 14 Vi xr bzw. 25,8 d oder knapp 6 Vi
xr. Dies sind natürlich in gewisser Weise fiktive Beträge, weil keine Angaben über die Kornpreise
in Kenzingen während dieser Zeit vorliegen. Trotzdem bieten diese Angaben zumindest
einen ungefähren Anhaltspunkt für den Geldwert der Drescherentlohnung in Kenzingen. Und
dieser Geldwert fügt sich in seiner Höhe ohne offensichtliche Widersprüche in das beispielhaft
für andere Berufe und andere Städte angeführte Lohnniveau ein. Somit kann davon ausgegangen
werden, dass Bürgermeister und Rat der Stadt Kenzingen die Naturalentlohnung der im
Taglohn beschäftigten Drescher auf der Grundlage des kleinen, 2, 88 1 fassenden Legeis festsetzten
. Was die Entlohnung der nicht im Taglohn verdingten Drescher mit dem 10. Sester betrifft
, so bringt die „Oekonomische Encyclopädie" zwar Angaben zu deren Arbeitsleistung:

„Gemeiniglich wird von zween Dreschern, über ein Stroh von 8 Garben, 1 Stunde; von 12 Garben, 1 1/4
Stunde; von 20 Garben, 2 Stunden, gedroschen. Drey Drescher werden mit 8 Garben in 3/4 Stunden; von
12 Garben, in 1 Stunde; von 20 Garben, in 1 1/2 Stunde, fertig werden."117

Da sich aber keine Angaben darüber finden ließen, welche Menge an Getreidekörnern aus einer
Garbe durchschnittlich ausgedroschen wurde und außerdem der Ertrag ja auch davon abhing
, wie gut oder schlecht das Getreide in verschiedenen Jahren gediehen war, muss die Frage
nach dem Lohnunterschied zwischen im Taglohn verdingten Dreschern und solchen, die, für
länger verdingt, den 10. Sester erhielten, offenbleiben. Es lässt sich lediglich allgemein sagen,
dass die Löhne, die zusätzlich zur vom Arbeitgeber gestellten Cost gezahlt wurden, innerhalb
vergleichbarer Berufe zwischen 20 und 75 % unter denen der Arbeitskräfte lagen, die von ihrem
Lohn die Verpflegung selbst bestreiten mussten.118

Unabhängig von ihrem Anstellungsverhältnis wurde allen Lohndreschern bei Androhung der
Raths Straff untersagt, wie bisher Stroh aus den Scheuern nachhause mitzunehmen,119 ein bis
dahin offenbar übliches oder geduldetes Gewohnheitsrecht, wodurch die Lohndrescher einen
kleinen Naturalzusatz zu ihrem Verdienst erhielten. Nun war das beim Dreschen anfallende
Stroh ja keineswegs ein Abfallprodukt bei der Getreideproduktion sondern diente als Viehfutter
, Einstreu im Stall oder gehächselt, wie die bei der Gewinnung von Hanffasern anfallenden
Schäben, als Beischlag zum Lehm für die Verfüllung der Gefache bei Fachwerkkonstruktionen.
Außerdem wurden daraus in Heimarbeit Flechtarbeiten oder Strohseile zum Garbenbinden und
für andere landwirtschaftliche Zwecke angefertigt; schließlich fand es als Bettstroh Verwendung
und war somit geldwertes Ausgangsmaterial für vielerlei Zwecke. Das Verbot des Rats,
weiterhin Stroh von der Arbeitsstelle nachhause mitzunehmen, war für die Kenzinger Drescher
also eine zusätzliche Schmälerung ihres eher dürftigen Einkommens. Mangels überlieferter
Rechnungsquellen liegen für Kenzingen keine Zahlen vor, doch liefern Angaben aus anderen
Städten zumindest einen ungefähren Anhaltspunkt für den Geldwert, der den Kenzinger Dreschern
durch dieses Verbot an ihrem bisherigen Verdienst abging. So kostete in den 1650er-Jahren
der Schober Stroh, das waren 60 Büschel oder Garben, in München zwischen 350 und
knapp über 700 d,12() umgerechnet zwischen 1 fl 6 bz 3Vi xr und 2 fl 13 bz 2 xr, ein Büschel
demnach zwischen knapp 6 d oder 1 Vi xr und 11 1/3 d oder knapp 3 xr. Das Verbot der Mitnahme
von Stroh bedeutete für die Drescher also eine keineswegs unerhebliche Verdiensteinbuße
. Dabei ist durchaus möglich, dass der Rat mit seinem Verbot die Arbeitgeber nicht nur
allgemein hinsichtlich der Lohnkosten für das Dreschen entlasten, sondern sie auch vor Verlusten
durch Unregelmäßigkeiten und Betrügereien von Dreschern bei der Strohmitnahme bewahren
wollte. Dass Drescher angesichts ihres geringen Verdiensts gelegentlich wohl auch zu

"7 Krünitz (wie Anm. 104), S. 583.

»» Elsas (wie Anm. 112), Bd. 1, S. 60ff.

119 StadtAKenz, Protokoll vom 16. September 1656.

12(1 Elsas (wie Anm. 112), Bd. 1, S. 544; die Maßangabe für Schober: Ebd., S. 148f.

176


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2007/0176