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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
126.2007
Seite: 182
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Hintersassenrechts und Ausweisung auch von Frau und Kindern. Ganz abgesehen davon, dass
außerhalb der Stadt, wie die offensichtlich billigeren Arbeitsangebote der auswärtigen Konkurrenz
zeigen, die Hechlerlöhne nicht höher waren als in Kenzingen.

Durs Senn aus Hopfingen (Hopfingen, Landkreis Karlsruhe/Neckar-Odenwald, oder Opfingen
bei Freiburg?) war 1659 nach Kenzingen gekommen und hier zu Hintersassenrecht, das
1662 erneuert und verstetigt wurde, in die Stadtgemeinde aufgenommen worden.138 Auch Peter
Miller war kein Einheimischer, sondern hatte sich 1662 zunächst auf ein Jahr in Kenzingen
verbürgert.139 Beide waren wohl unruhige Geister, befanden sich damit aber durchaus in
„guter" Gesellschaft, liest man die Ratsprotokolle mit ihren in nahezu jeder Sitzung verhandelten
Scheit-, Streit- und Schlaghändeln zwischen Einwohnern der Stadt.140 Jedenfalls verurteilte
der Rat die beiden in seiner Sitzung vom 15. Dezember 1663 wegen gewechselter
Schmachreden und erzeigter Unbescheidenheit - vermutlich dem Rat gegenüber - zu 12 ß
Geldstrafe und zu Turmhaft bis zu weiterer Entscheidung der Herrschaft.141 Wie diese ausfiel,
ist leider nicht überliefert.

Im Jahr 1667 wurde Durs Senn erneut auffällig; der Rat verurteilte ihn zu 1 lb Herrschafts-
strafe, weil dieser im Hechlen gar schlechte arhaith gemacht vnd dardurch der gantzen ge-
maindt auff offnem Malterdinger Marckht Ihren guotten ruohm werchs [Werg] halber zimhli-
cher maßen in gefahr gestellt habe.142 Ob die von Durs Senn für Georg Scheck als Auftraggeber
so schlecht erledigte Hechelarbeit als Ausdruck einer subversiven Reaktion auf
verschlechterte Arbeits- und Lohnbedingungen zu werten ist, lässt sich aufgrund des Fehlens
weitergehender Quelleninformationen nicht beurteilen.

In mehrfacher Hinsicht ist dieser Protokolleintrag äußerst aufschlussreich. Das protestantische
Malterdingen gehörte damals zur Markgrafschaft Baden-Durlach und war 1669 mit etwa
475 Einwohnern wenn überhaupt, dann nur wenig kleiner als Kenzingen. Auf dem Malterdinger
Jahr- und Wochenmärkten, erstmals im Jahr 1547 im Zusammenhang mit Beschwerden der
Städte Kenzingen, Endingen und Waldkirch über eigene Markteinbußen, u.a. wegen der Malterdinger
Märkte, genannt, wurde neben Wein vor allem Hanf und Salz gehandelt. Übrigens
entwickelte sich Malterdingen im 18. Jahrhundert zu einer der Hauptanbaustätten von Hanf in
der Markgrafschaft Hachberg.143 Dass Kenzinger Werg auf dem Malterdinger und nicht auf
dem Kenzinger Markt verkauft wurde, zeigt für die Jahrzehnte nach dem Dreißigjährigen Krieg
in einem Schlaglicht die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Stadt im Geflecht der benachbarten
Märkte, neben Malterdingen ja noch Herbolzheim, Euenheim, Endingen, Emmendingen
und Waldkirch.

Bemerkenswert an dem oben zitierten Protokolleintrag ist aber vor allem, dass die schlechte
Arbeit von Durs Senn nicht als Angelegenheit zwischen ihm und seinem Auftraggeber angesehen
wurde, sondern als eine Beschädigung des Ansehens der ganzen Stadt, die offenbar hinsichtlich
der Qualität des in ihr produzierten Hanfwergs einen guten Ruf genoss und zu verlieren
hatte. So zeigt die Begründung für die Bestrafung des Hechlers Durs Senn durch die städtische
Obrigkeit, dass die wirtschaftlich agierenden Personen in jener Zeit nie als wirklich
unabhängige Privatsubjekte ökonomisch eigenverantwortlich handelten, sondern stets auch für
den Ruf und das Ansehen ihrer Stadt, ihres Dorfes eine Mitverantwortung trugen, für die sie
gegebenenfalls auch einzustehen hatten und zur Rechenschaft gezogen wurden.

138 StadtAKenz, Protokolle vom 3. September 1659 und 2. Dezember 1662.

139 StadtAKenz, Protokoll vom 28. Januar 1662.

140 Hellwig (wie Anm. 50), S. 97.

141 StadtAKenz, Protokoll vom 15. Dezember 1663.

142 StadtAKenz, Protokoll vom 19. November 1667.

143 Landkreis Emmendingen (wie Anm. 133), S. 487.

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