Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
126.2007
Seite: 183
(PDF, 57 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2007/0183
Im Oktober 1669 wurde den Kenzinger Hechlern vom Rat eine nochmalige Minderung ihres
Verdienstes aufgezwungen. Zwar blieb der direkte Arbeitslohn mit 2 d pro gehecheltes
Pfund Werg gleich, doch legte der Ratsentscheid vom 26. Oktober fest, dass der Auftraggeber
an Sachleistungen nicht mehr aufzubringen habe, als zum Mittag- und zum Abendessen nur
noch eine Suppe mit Gemüse ohne den bis dahin üblichen Wein, ahn Son vndt Feühr tag aber
gar nichts zue atzung zue geben schuldig sein sollten.144 Einen Monat später wiederholte der
Rat sein Lohndiktat:

Die Hechler ins gemein sollen fürtherhin das Ib werckh [Werg] vmb 2 d hechten, auch mit hausmans cost
ohne Wein vorlieh nemmen, undt ahn Sonn- oder Feuhr[Feier] tagen dem hurgersman deß Eßens weiter
nicht überlestig sein, also zwar, daz wan Peter Miller undt Durs Senn hieran nicht kommen wolten, Ihnen
hiemit daz hechten auf ein Jahr lang gelegt und verpotten sein sollet

Schon vor dieser neuerlichen Drehung an den Daumenschrauben - die Androhung der Niederlegung
des Handwerks für ein Jahr war die unverhohlene Drohung mit der wirtschaftlichen
Existenzvernichtung - hatte die rigide Haltung des städtischen Regiments in dem schon lange
schwelenden Konflikt offenbar das Fass zum Überlaufen gebracht, und die eben zitierte,
nochmalige Verschärfung der Drohkulisse war wohl eine Reaktion des Rates auf das Verhalten
der beiden renitenten Hechler. Diese waren, wie das Sitzungsprotokoll fortfährt, nämlich schon
vor der hier behandelten Ratssitzung in den Streik getreten, denn wegen beschehenen vsstandts
arbaith wurden Durs Senn und Peter Miller in besagter Ratssitzung bis zu weiterer Entscheidung
der Obrigkeit in dieser Sache zu Turmarrest verurteilt.146 Auch hier zeigt sich wieder, wie
schon bei dem Vorkommnis auf dem Malterdinger Markt, dass das städtische Regiment durchaus
parteiisch auf der Seite der - modern gesprochen - Arbeitgeber stand. Nicht zu vergessen
ist dabei, dass im obrigkeitlich-hierarchisch geprägten Gefüge der frühneuzeitlichen Gesellschaft
die Beziehung zwischen „Arbeitgeber" und „Arbeitnehmer" immer auch einen öffentlich
-rechtlichen Aspekt besaß und somit ein Streik, denn das ist mit Ausstand von der Arbeit
gemeint, auch als Angriff gegen die herrschende Ordnung betrachtet wurde. Zu bedenken ist
dabei auch, dass der Bauernkrieg, die gescheiterte „Revolution des gemeinen Mannes", damals
noch nicht einmal hundertundfünfzig Jahre zurücklag, und dass diese Erhebung vielerorts darin
ihren Anfang genommen hatte, dass Frondienste verweigert worden waren und die Bauern demonstrativ
einen Ausstand (vsstandt) oder Austritt aus der Herrschaft dadurch vollzogen hatten
, dass sie ihre Gemeinde oder das Herrschaftsgebiet ihres Herrn verlassen und sich auf fremdem
Herrschaftsgebiet zunächst zu friedlichem Protest versammelt hatten.

Anscheinend waren Durs Senn und Peter Miller nicht die einzigen Hanfhechler in Kenzin-
gen und weitere Hechler griffen in den Konflikt ein, indem sie weniger gewissenhaft arbeiteten
. Dies ließe sich jedenfalls aus dem Wortlaut des Protokolls über die nächste Ratssitzung
zwei Wochen später, am 7. Dezember 1669 herauslesen. Darin heißt es: Den Hechlern ins ge-
sambt würdt hiemit nochmahlen bey vorbehaltner Straff aufferladen, allhier daz lb reisten [das
ist der von den holzigen Schüben gereinigte Schwinghanf] per 2 d zu hechlen, mit diesem ahnhang
, wan Ihres ohnsauberen hechlens halber ferner Clag für kommen würdet, solle solche
mangelhafte Arbeit beschlagnahmt werden und die dafür verantwortlichen Hechler so viel zu
bezahlen schuldig sein, wie für diese Ware damals am selben Markttag als Höchstpreis zu zahlen
gewesen wäre, zuzüglich eine Krone Strafgeld. Das Protokoll fährt in aller Härte fort: So
sich [jemand] hierüber waigern wollte, vndt welicher auch hie zue sich zue accomodiren nicht

144 StadtAKenz, Protokoll vom 26. Oktober 1669.

145 StadtAKenz, Protokoll vom 23. November 1669.

146 StadtAKenz, Protokoll vom 23. November 1669. Eine obrigkeitliche Entscheidung in dieser Angelegenheit ließ
sich leider nicht finden, auch eine Anfrage an das GLA verlief ohne positiven Bescheid.

183


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2007/0183