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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
126.2007
Seite: 206
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2007/0206
kehr aus Zandvoort im November 1934 wieder lebte, die Suche nach einem geeigneten Anwesen
betrieben hat.

Das Kinderheim „Sonnenhalde", dessen Name nicht, wie es scheinen könnte, auf ein Bollschweiler
Gewann zurückgeht, sondern von den Leiterinnen programmatisch geprägt worden
ist, war, wie es genauer im Einwohnerverzeichnis von Bollschweil bezeichnet wird," ein Kindererholungsheim
. Als solches stand es in einer seit längerem bewährten Fürsorgetradition der
deutschen jüdischen Gemeinden.12 1917 war als „Dachverband für die weit verzweigten jüdischen
Organisationen der Wohlfahrtspflege" - nach den älteren christlichen Vorbildern, der
Diakonie auf evangelischer, der Caritas auf katholischer Seite - die Zentralwohlfahrtsstelle der
Deutschen Juden gegründet worden. Ziel des Verbandes war es, die bereits bestehenden Initiativen
sowohl der angeschlossenen Gemeinden wie der regionalen Verbände, Vereine und Logen
auf dem Feld der Wohlfahrtspflege zu konzentrieren und zu koordinieren. Zur effektiveren
Bewältigung der zentralen Aufgabenbereiche wurden verschiedene Arbeitsgemeinschaften gebildet
, so etwa die hier interessierende „Arbeitsgemeinschaft Jüdische Erholungsfürsorge": Gestützt
durch gesetzliche Maßnahmen der Weimarer Republik wie das Reichsjugendwohlfahrts-
gesetz von 1922 wurden nun die bereits bestehenden älteren Einrichtungen der Erholungsfürsorge
für Kinder und Jugendliche ausgebaut und zusätzlich neue Initiativen auf den Weg
gebracht.13

Zu den großen älteren Einrichtungen der Kinderfürsorge in Baden zählte das Friedrich-Luisen
-Hospiz in Bad Dürrheim, das 1912 anlässlich des 80. Geburtstags Großherzog Friedrichs
II. von dem aus Müllheim stammenden Oberregierungsrat im badischen Innenministerium und
Vorsitzenden des Oberrats der Israeliten Dr. David Hugo Mayer gegründet worden war. Als
ganzjährig geöffnetes Erholungsheim bot es Platz für circa 80 Jungen und Mädchen im Alter
von 2V2 bis 14 beziehungsweise 16 Jahren, die sich dort jeweils mehrere - mindestens aber vier
- Wochen unter ärztlicher Aufsicht zur Kur aufhielten. 1939 wurde das Heim zwangsweise aufgelöst
.14

Als weiteres Beispiel der jüdischen Kinderfürsorge im Lande Baden sei hier, auch weil Dr.
Annerose Heitier diese Einrichtung gut gekannt haben muss, das bescheidenere Israelitische Erholungsheim
für Frauen und Mädchen in Baden-Baden genannt, das 1913 von Freifrau Mathilde
von Rothschild gegründet worden war zu dem Zweck, mittellosen kurbedürftigen Frauen
und Mädchen eine Kur unentgeltlich zu ermöglichen. Das von Mai bis Ende September
geöffnete Heim verfügte über 29 Plätze. Der Weiterbetrieb nach dem Novemberpogrom 1938

11 Heitier, Frau Dr., Kindererholungsheim, Sonnenhalde IIS. Adressbuch für den Kreis Freiburg. Ausgabe 1937 bis
1939. Buchen [1937]. S. 155. Elisabeth Müller ist im Adressbuch nicht aufgeführt.

12 Eine ausführliche Darstellung im allgemeinen Kontext des Themas bietet Hildegard Lütkemeier: Hilfen für jüdische
Kinder in Not. Zur Jugendwohlfahrt der Juden in der Weimarer Republik. Freiburg 1992. Auf diese Arbeit
stützt sich die hier gebotene äußerst knappe Zusammenfassung.

13 Sogenannte geschlossene Anstalten der Jugendwohlfahrt wie Säuglings- und Kleinkinderheime. Waisenhäuser.
Erziehungs- und Landschulheime und andere (vgl. auch Informationsblätter. Hg. von der Zentralwohlfahrtsstelle
der deutschen Juden [1935], Nr. 8/9) bleiben im Folgenden unberücksichtigt. - Als gut dokumentierte Beispiele
für Heime, in denen jüdische Kinder nicht nur vorübergehend zur Erholung untergebracht waren, vgl. etwa Fei-
del-Mertz/Paetz (wie Anm. 10); Moshe Ayalon: Das jüdische Kinderheim der Flersheim-Sichel-Stiftung in
Frankfurt am Main. Frankfurt/M. 1996; Brigitte Schmidt: Das Antonienheim [in München]. Kinderheim der
„Israelitischen Jugendhilfe e. V.". Hg. vom Stadtarchiv München. München 2002. Zu zwei Kinderheimen und
dem Landschul- bzw. Landerziehungsheim in Herrlingen bei Ulm vgl. die entsprechenden Internetseiten der Alemannia
Judaica - Arbeitsgemeinschaft für die Erforschung der Geschichte der Juden im süddeutschen und angrenzenden
Raum (mit Literaturangaben).

14 Rolf Schuhbauer: Nehmt dieses kleine Heimatstück. Spuren und Stationen der Leidenswege von Müllheimer
und Badenweiler Juden zwischen 1933 und 1945. Eggingen 22001, S. 130f. Vgl. auch Informationsblätter (wie
Anm. 13) (1934), Nr. 9 sowie (1935), Nr. 4/5. - Marie Mayer, die Witwe des Hospizgründers, der bereits 1931
verstarb, wurde im Oktober 1940 mit ihrem Sohn Paul nach Gurs verschleppt, wo sie 1941 starb; der Sohn wurde
in Auschwitz ermordet. Schuhbauer (wie oben).

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