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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
126.2007
Seite: 210
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2007/0210
Seit 1930 sah von Holzing in Hitler, den er in völlig irrationaler Weise idealisierte,31 den einzigen
Garanten für die Wiederherstellung der nationalen Ehre' Deutschlands, mit der er die
Wiederherstellung seines eigenen Ansehens als Militär verbunden sah. Deshalb wohl auch ignorierte
er geflissentlich - selbst die Hinweise seiner Tochter Marie Luise Kaschnitz als kleinliche
Krittelei schroff zurückweisend32 - all jene nationalsozialistischen Übergriffe, die in ihrer
Rücksichtslosigkeit seinem Begriff von Ehre und Anstand im Grunde direkt widersprachen.
In seinem eigenen politischen Engagement allerdings verhielt er sich als anständiger nobler
Mensch äußerst korrekt, so auch vor Ort in Bollschweil, in dessen Gemeinderat er sich 1935
durch den Kreisleiter, mit drei weiteren Parteigenossen, als Ratsmitglied berufen ließ.33 Und
obwohl von Holzing grundsätzlich der Auffassung war, das neue Deutschland strebe zu Recht
eine Zurückdrängung des nicht arischen Blutes im Staate und besonders in allen führenden Berufs
- und Lebensstellungen an,34 waren für ihn realiter, bei aller inneren Distanz zum Judenendgültig
von der Deutschnationalen Volkspartei ab, da diese nicht für Hitler votierte. (Vgl. von Holzings Leserzuschrift
vom 27.4.1932. in der er die Gründe für seinen Austritt aus der DNVP darlegte. [Zeitungsausschnitt;
Name der Zeitung nicht ermittelt]. Ebd. Fasz. 45 [Reden, Vorträge, Leserbriefe. 1922-1936]). Im Mai 1933 trat
von Holzing der NSDAP bei, wurde Nationalsozialist, wenn es auch den Nationalsozialismus, an den er glaubte,
nie gegeben hat (Kaschnitz). (Vgl. Holzings NSDAP-Mitgliedskarte mit Passfoto, Mitgliedsnummer 2557939.
Bundesarchiv [ehem. Berlin Document Center], NSDAP-Zentralkartei). Im kirchlichen Bereich engagierte er
sich für die Reichskirche und die Deutschen Christen. (Vgl. sein Schreiben vom 26.10.1934. GLA, ebd. Fasz.
35.) 1935 wurde von Holzing einstimmig zum Präsidenten der Internationalen Reitervereinigung (FEI) gewählt.
Kurz nach den Olympischen Spielen von 1936 in Berlin, wo er, verantwortlich für die Organisation der Reiterolympiade
, die - von seiner Tochter bewusst gemiedene - triumphale Selbstdarstellung NS-Deutschlands mitgestaltete
, starb von Holzing, SA-Sturmführer [des Reiter-Sturms Müllheim 9/53] bei der Gruppe Südwest, am 9.
September 1936. (Todesanzeige der Familie. StadtAF, C4/II/33/4 [Teilnahme am Ableben angesehener Persönlichkeiten
, 1934-1940]).

31 Vgl. den Vortrag, den von Holzing Ende 1933 vor der Freiburger Bezirksgruppe der Deutschen Adelsgenossenschaft
, Gau Baden, hielt, der er seit 1922 angehörte und deren Vorsitz er 1933 übernahm. Darin heißt es mit Blick
auf jene Adeligen, die sich zunächst nicht für den Nationalsozialismus entscheiden konnten, dass nun die Fahnen
zu wechseln seien, nachdem über jeden von uns die starken Eindrücke hingezogen [sind], von des Führers
offenbarem, wahren und einzigen Beruf zur Führung Deutschlands, von der überragenden genialen Kraft seines
Geistes und Willens, von seiner tiefen Religiosität, von seiner heiligen Kraft und Wahrhaftigkeit, von seinem unbedingten
persönlichen Mut und seiner Opferbereitschaft. Maschinenschriftliches Manuskript. GLA (wie Anm.
30), Fasz. 45.

32 Angesichts des sittlich ergreifenden Bekenntnisses des überwiegenden Teils des deutschen Volkes ...zu seiner
volks-, national- und staatsmüßigen Zusammengehörigkeit über alle Unterschiede hinaus - der geheiligte Traum
der deutschen Einheit naht sich seiner Erfüllung - waren nach von Holzings Überzeugung Kritteln und Mäkeln
fehl am Platze; Marie Luise Kaschnitz hatte sich unter anderem über die schweren NS-Angriffe auf den Kulturbereich
empört und auf die Gefährdung ihrer jüdischen Freunde, darunter ihr Verleger Paul Cassirer und dessen
Lektor Max Tau, aufmerksam gemacht. Vgl. zu beiden Gersdorff (wie Anm. 30), S. 60f., 74f., 89f., 104ff.; dort
auch S. Ulf. Hinweise auf die scharfen politischen Kontroversen in der Familie. Noch Ende 1935 forderte von
Holzing von seiner Tochter Aufnahme-Bereitschaft, Anerkennens-Bereitschaft, Abwendung von all der kleinen,
abgegriffenen landläufigen Münze des Bemängeins. Deutsches Literaturarchiv Marbach, A: Kaschnitz (Briefe
Max von Holzings an Marie Luise Kaschnitz, 1924-1936): Briefe vom 4.3.1933, 17.3.1933, 15.11.1935.-Zu ihres
Vaters ideologischer Blindheit bemerkte Marie Luise Kaschnitz: Papa schreibt begeistert aus Berlin. ... Fand
überall seine nationalsozialistische Gesinnung bestätigt. Aber er sieht ja nur, was er sehen will. Brief vom
28.10.[o. J.] an Guido von Kaschnitz. Ebd.

33 GemeindeAB. B IV.2 Nr. 12. - Von Holzing hat sich auch sonst in Bollschweil öffentlich für den Nationalsozialismus
eingesetzt. So berichtet er 1934: Ich habe heute gesprochen, Festrede 1. Mai, und bin mit meiner [SA-]
Reiterschar im Festzug geritten, habe Hitlers Rede mit den Bauern gehört und gehe nachher noch kurz zum Maientanz
. GLA (wie Anm. 30). Fasz. 35.

34 Diese seine Auffassung formulierte von Holzing in einem Vortrag vor der Freiburger Sektion der Deutschen
Adelsgenossenschaft (vgl. Anm. 31). Deren Mitglieder hatte er auf die Überprüfung ihrer blutsmäßigen Abstammung
zu verpflichten; sie hatten den Nachweis anzutreten, dass alle ihre nach 1750 geborenen Vorfahren
arischen Blutes waren. Diese Verpflichtung stieß bei nicht wenigen Angehörigen des Gesamt Verbands, der von
Hitler als einzige Standesvertretung des Adels anerkannt worden war, auf scharfe Kritik, deren Berechtigung auch
von Holzing nicht ganz ignorieren konnte. So brachte er Verständnis dafür auf. dass kein vornehmer Charakter
... eines Ahnen andern Blutes mit geminderter Ehrfurcht gedenken wird, nur weil dessen Vorhandensein [jetzt]

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