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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
126.2007
Seite: 217
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Abb. 2b Haus „Sonnenhalde"
Seitenansicht (Schadek).

in dieser Sache unterdessen geschehen ist. Auch Bürgermeister Schneider scheint es aber mit
der Angelegenheit nicht eilig gehabt zu haben; er ignorierte das Schreiben und ließ eine Mahnung
, die im Juni eintraf, ebenfalls liegen. Eine erneute Mahnung vom Juli, in der noch einmal
betont wurde, dass der Milchhändler Rombach versprochen [habe], den Jüdinnen ...zu kündigen
und das jüdische Kindererholungsheim an die frische Luft zu setzen, enthält auch den
Hinweis, dass Rombach inzwischen, bei weiterer Verschleppung der Kündigung, die Vernichtung
seiner beruflichen Existenz angedroht worden war: Wenn er... [seinem] Versprechen nicht
nachkommt, soll ihm die Genehmigung zur Verteilung von Milch entzogen werden.64

Ob die Heimleiterinnen über diese Vorgänge genauer informiert waren, ist nicht bekannt. Jedenfalls
konnten sie nicht übersehen, dass sich nicht nur die allgemeine Lage der deutschen Juden
immer mehr zuspitzte; auch in Bollschweil war das Klima offenbar frostiger geworden: im
November 1937 war das Ehepaar Rüdell mit seiner Tochter - der ältere Sohn war nach Frankreich
emigriert - nach Freiburg, in die größere Anonymität der Stadt, gezogen.65 All das ließ
auch Annerose Heitier im Herbst 1938 den Entschluss fassen, Bollschweil zu verlassen und zu
ihrem Bruder nach England zu emigrieren. Elisabeth Müller, der, wie sich zeigen sollte, die
Mittel zur Emigration fehlten, führte das Kinderheim weiter - Lieschen, die jetzt die Sache allein
hat und recht zufrieden ist, ... hat jetzt noch 15 Kinder, schrieb damals ihre Mutter einer

64 Die beiden Mahnschreiben der Kreisleitung finden sich in: GemeindeAB, B XI.3 Nr. 3. Das Erstschreiben fehlt.
Eine Reaktion des Bürgermeisters ist nicht festzustellen. Ob es sich dabei um Verwaltungsschlamperei handelte
oder um Hinhaltetaktik zugunsten des ihm bekannten Rombach, ist nicht feststellbar. Eine nach dem Krieg erfolgte
Anzeige, Schneider habe die Besitzerin des Judenheims und die zur Pflege ansässigen Judenkinder im
Jahre 1938 ausweisen lassen (StAF, F 200/7 Nr. 766), ist in dieser Form nicht richtig. Man kann aber davon ausgehen
, dass er die Schließung nicht ungern gesehen hat, schon weil er von Parteigenossen wohl tatsächlich jahrelang
Vorwürfe einzustecken hatte, dass er 1934 nicht gegen die Errichtung des Kinderheims vorgegangen war.
Vgl. Anm. 41.

65 Gemeindeverwaltung Bollschweil, Fremdenbuch. - Bis zuletzt gab es selbstverständlich auch in Bollschweil
Menschen, die sich dem antijüdischen Zeitgeist nicht anpassten. Eine Begebenheit verdient es deshalb, hier festgehalten
zu werden: Anfang Dezember 1944 nahm der Landwirt Albert Burgert auf Bitten einer Verwandten eine
gefährdete Familie, den jüdische Ehemann mit seiner ,arischen' Frau und vier Kindern, auf seinem Hof in Bollschweil
auf. Christine Eckert: Hilfe für verfolgte Juden in Freiburg 1940-1945. In: Stille Helden. Judenretter
im Dreiländereck während des Zweiten Weltkriegs. Hg. von Wolfram Wette. Freiburg u.a. 2005, S. 107-124,
hier S. 113f.

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