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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
126.2007
Seite: 234
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2007/0234
Privatbanken zur Geschäftsaufgabe.132 1926 zog sich Richard Oppenheimer, Mitinhaber von
„Oppenheimer & Müller", aus dem Unternehmen zurück, ob aus geschäftlichen Gründen oder
altershalber, sei dahingestellt. Siegfried Müller, inzwischen Handelsgerichtsrat, führte die Bank
nun allein weiter. Doch vier Jahre später schon zwang ihn die schwierige wirtschaftliche Situation
, sein Lebenswerk - im vierzigsten Jahr des Bestehens - zu liquidieren; 1932 wurde
„Oppenheimer & Müller" aus dem Handelsregister gelöscht.133 Die Verluste müssen erheblich
gewesen sein; für den privaten Bereich konnte offenbar nur wenig gerettet werde. 1936 schon
schreibt eine Verwandte von Angelika und Siegfried Müller: Es ist wirklich schrecklich, dass
sie jetzt im Alter von der Gnade der Verwandten und Freunde abhängig sind. Und was war das
immer für ein Haushalt7134

Die bei der „Zentralstelle für jüdische Wirtschaftshilfe" eingerichtete „Ärzte-Abteilung" sah
anfänglich eine gewisse Chance, möglichst zahlreiche Ärzte ihrem Beruf zu erhalten, im Ausland
gegeben und gewährte deshalb denen Unterstützung, die sich dort um eine Anstellung
bemühten.135 Auch Elisabeth Müller mag diese Möglichkeit ausgelotet haben. 1933 ging sie,
gemeinsam mit ihrer Cousine Dr. med. Luise Kufmann, in die Schweiz.136 Es wird freilich recht
bald schon deutlich geworden sein, dass dort die Zulassung zur dauernden Ausübung des Arztberufes
kaum zu erreichen war. Wie viele, die ihre Praxis aufgegeben hatten ... und [nun] im
Bereich der jüdischen Gesundheitsfürsorge tätig waren, entschied sich Elisabeth Müller deshalb
ebenfalls für diesen Weg. Sie ging nach Lausanne und arbeitete vorübergehend - gegen
Kost, Unterkunft und ein bescheidenes Taschengeld - an einer Kinderklinik, an der auch Kinderpflegerinnen
ausgebildet wurden.137

Ende 1934, nach Ablauf ihres Visums, kehrte Elisabeth Müller, wie ihre Cousine Luise Kufmann
, die später nach England emigrieren konnte, nach Deutschland zurück. Sie widmete sich
nun, wie geschildert, umgehend der Realisierung des wohl schon seit einiger Zeit bestehenden
Plans, im badischen Bollschweil gemeinsam mit Dr. Annerose Heitier ein Kindererholungsheim
einzurichten. Knapp vier halbwegs ruhige Jahre waren ihr schließlich mit der Arbeit im
Kinderheim „Sonnenhalde" vergönnt. Nach dessen Ende kehrte sie Mitte Januar 1939 nach
Hannover zurück, auf der Suche nach einer neuen Beschäftigung. Natürlich hatte sie sich auch
mit dem Gedanken zu emigrieren auseinandergesetzt. Doch fehlten ihr neben den finanziellen
Mitteln insbesondere die Beziehungen ins Ausland; sie kannte niemanden, der, etwa in den
USA, für sie hätte bürgen können. Zudem mag sie die Rücksicht auf ihre betagten Eltern, die
sie nicht dem Alleinsein überantworten wollte, zurückgehalten haben.

Denn inzwischen war ihrer Schwester Marga, die zuvor noch in Berlin, im Hinblick auf eine
Erwerbstätigkeit im Ausland, einen dreimonatigen Kursus für die Anfertigung künstlicher Blumen
mitgemacht hatte, mit ihrem Mann Paul Goldschmidt die Flucht in die USA geglückt. Den
Anstoß zur Emigration in letzter Minute hatte auch hier die Inhaftierung im Konzentrationsla-

•32 Voltmer (wie Anm. 88), S. 41 ff.

133 Vgl. Adressbücher der Stadt Hannover 1930-1933. In der 1931 erschienenen Arbeit von Voltmer (wie Anm.
88), S. 153f., ist die Bank von Oppenheimer & Müller noch als existierend aufgeführt.

134 Rosel Rosenberg aus Frankfurt an Grete Eichenberg in Palästina, 20.11.1936. Familienarchiv Eilon.

135 Arbeitsbericht (wie Anm. 18) (1933), S. 35.

136 Mitteilung von Frau Rina Eilon vom 9.2.2004. - Der Versuch, den Aufenthalt Elisabeth Müllers in der Schweiz
archivalisch nachzuweisen und über ihn gegebenenfalls Genaueres zu erfahren, scheiterte. Für ihre Unterstützung
habe ich zu danken: Herrn Prof. Dr. Heiko Haumann. Universität Basel; Herrn Dr. Uriel Gast, Archiv für
Zeitgeschichte der ETH Zürich; dem Schweizerischen Bundesarchiv Bern; dem Staatsarchiv Basel.

137 Für die Umorientierung der ausgeschlossenen Ärzte vgl. Plum (wie Anm. 130). S. 292. - Der Aufenthalt Elisabeth
Müllers in Lausanne wird von ihrer Schwester Marga Goldschmidt bezeugt; wie Anm. 49. Lowenthal (wie
Anm. 78) gibt an, Elisabeth Müller sei „einige Zeit an der Pepiniere in Genf tätig" gewesen. Eine Einrichtung
dieses Namens konnte jedoch weder dort noch in Lausanne nachgewiesen werden. Für Auskünfte danke ich dem
Stadtarchiv und dem Staatsarchiv Genf sowie dem Stadtarchiv Lausanne.

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