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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
126.2007
Seite: 273
(PDF, 57 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2007/0273
Das Gesellschaftshaus von 1825 fiel 1944 dem Fliegerangriff zum Opfer. Ulrich Dold spricht in seinem
Beitrag zur Vereinsgeschichte die Umstände des Verkaufs des Ruinengrundstücks (heute Kaufhaus
Breuninger) an. Er beklagt die unglückliche Finanzierungspolitik seiner Amtsvorgänger, die seit der Bauzeit
, also über ein Jahrhundert lang, ein Darlehen bei einer Schweizer Bank aufrecht erhielten und mit
Zins bedienten, das im Gegensatz zur Reichsmark nicht abgewertet wurde. Dold lässt in seinem Rückblick
die Nachkriegspräsidenten lebendig werden, den Diplomingenieur Karl Caprano etwa, den technischen
Direktor des Badenwerks, der 1969 bis 1979 das Amt ausfüllte. In einer Tabelle listet Dold sämtliche
Präsidenten auf; außerdem informiert er über die derzeitigen Aktivitäten der Gesellschaft, die immer
noch Wert legt auf Bildung und Kulturgenuss in Geselligkeit - für Männer und Frauen gleichermaßen,
was im Museum von Anfang an gute Tradition war. Die Tanzbegeisterung hat zugunsten der Reiselust etwas
abgenommen. Walter Salmen verfolgt in seinem Beitrag „Polyhymnia vor allem...*' die Ball- und Musikkultur
in der „Museumsgesellschaft" von der Biedermeierzeit bis ins 20. Jahrhundert.

In ausführlichen Biografien werden prägende Persönlichkeiten aus der Vereinsgeschichte vorgestellt.
Adolf Poppen, Adolf Georg Kuenzer, Adolf Krebs und mehrere Mitglieder der Familie Mez werden von
Nachfahren gewürdigt. Manfred Höfert erarbeitete die Vita von Bartholomä Herder und zweier Freiherren
von und zu Andlaw-Birseck. Mehrmals bekleideten letztere das Amt des Präsidenten der Museumsgesellschaft
, was auch auf den Ebneter Schlossherrn Carl Stephan Freiherr Gayling von Altheim zutrifft,
über den Paul-Rene Zander schreibt. Johannes Korthaus zeichnet das Portrait des Übervaters Carl von Rotteck
, Achim Aurnhammer das des schöngeistigen Gründervaters der Gesellschaft: Johann Georg Jacobi.

Ulrich P. Ecker stellt die Persönlichkeit des tatsächlichen Gründers vor: Karl Friedrich Ludwig Drais
von Sauerbronn. Dieser war als hochrangiger Beamter 1806 nach Freiburg gekommen, um den vorderös-
terreichischen Breisgau für das Großherzogtum Baden in Besitz zu nehmen, eine schwierige Aufgabe, die
er mit Augenmaß und Feingefühl ausführte. Ecker vermittelt dem Leser das politische und geistige Klima
in der Umbruchzeit am Ende des Alten Reiches. Ernste Gewissenskonflikte brachen in der Freiburger Bevölkerung
auf, als Napoleon 1809 gegen Österreich rüstete und im Rheinbundland Baden Truppen mobilisierte
. Zur nämlichen Zeit kämpfte Andreas Hofer gegen die mit Napoleon verbündeten Bayern.

Eine gelungene Publikation hinter einem Umschlagbild, das die Gründerjahre zur Biedermeierzeit
wach ruft. Sie verabschiedet sich mit einem Zitat von 1808: Mitglied kann jeder unbescholtene Mann werden
, dem man Cultur des Geistes und Feinheit der Sitten zutrauen darf.

Renate Liessem-Breinlinger

Andrea Brucher-Lembach: ... wie Hunde auf ein Stück Brot. Die Arisierung und der Versuch der Wiedergutmachung
in Freiburg (Alltag und Provinz 12). Donzelli-Kluckert Verlag, Bremgarten 2004. 318 S.,
S/W-Abb.

Kaum ein zeitgeschichtliches Buch hat im Freiburger lokalen Umfeld in den zurückliegenden Jahren für
so viel Gesprächsstoff gesorgt wie die Dissertation der Historikerin Andrea Brucher-Lembach. Diese Aufmerksamkeit
wurde der Arbeit durchaus zurecht zuteil, war doch eine eingehende Auseinandersetzung mit
der finanziellen und materiellen Ausbeutung der Freiburger Jüdinnen und Juden lange überfällig. Die lokale
Geschichtsschreibung hatte hier einen gewissen Nachholbedarf, steht jedoch die behandelte Thematik
mittlerweile schon etwa eineinhalb Jahrzehnte auf der allgemeinen Forschungsagenda. Brucher-Lembachs
kenntnisreiche Studie kann sich nunmehr in die von Historikern wie etwa Frank Bajohr, Wolfgang
Dreßen. Constantin Goschler, Alfons Kenkmann oder Jürgen Lillteicher etablierte Forschungsrichtung
einreihen und dürfte diese durchaus bereichern. Das von der Autorin für ihre Studie zu den Freiburger Ereignissen
gewählte Gesamtkonzept ist in diesem Zusammenhang ebenso innovativ und ambitioniert zu
nennen. Denn es führt bewusst zwei an sich schon vielschichtige Themen in einer Studie zusammen: den
Vorgang der finanziellen und materiellen Ausplünderung mit den nachfolgenden, oft zermürbenden Versuchen
der Opfer, eine Entschädigung für erlittenes Unrecht zu erhalten oder entzogene Vermögens- bzw.
Sachwerte zurückzuerhalten. Ausführliche Darstellungen dieser beiden historischen Gesamtkomplexe
sind die Grundpfeiler dieser Arbeit, wobei die beiden ersten Drittel des Buches der sogenannten „Arisierung
" und das letzte Drittel der sogenannten „Wiedergutmachung" gewidmet sind. Angesichts mehrerer
Vorgängerstudien zu anderen Städten ist es nicht mehr überraschend, aber dennoch bemerkenswert, wie
gut „Arisierung" und „Wiedergutmachung" durch die überlieferten Quellen dokumentiert sind.

Der erste große Abschnitt des Buches (S. 21-98) beschreibt ausführlich die gezielte Verdrängung der
Juden aus dem gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben Freiburgs. Es wird geschildert, wie der

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