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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
126.2007
Seite: 278
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rungsort für das Stadtrechtsprivileg wäre nicht Gernsbach, sondern das gräfliche Archiv gewesen, das von
der genannten Brandkatastrophe nicht betroffen war. Als weiteres stichhaltiges Gegenargument nennt er
die Tatsache, dass Stadtgründungen im 12. und 13. Jahrhundert keiner königlichen Bewilligung mehr bedurften
und die mündliche Erklärung des Territorialherren ausreichte. 1297 war der Entwicklungsprozess
Gernsbachs zur Stadt mit Sicherheit abgeschlossen. Die Bezeichnung civitas in einer Urkunde lässt diesen
Schluss zu. 1243 wurde die einstige villa als oppidum bezeichnet.

Hennl beginnt seine gründliche und detailreiche Untersuchung mit der Geschichte der Herren und Grafen
von Eberstein im 12. und 13. Jahrhundert und geht zum Vergleich mit Gernsbach auf die weiteren
ebersteinischen Stadtgründungen ein: Kuppenheim, Bretten, Gochsheim, Ballenberg und Krautheim. Als
Kümmerformen unter ebersteinischer Herrschaft nennt er Muggensturm und Neuburg. Auf der Basis
reichhaltigen schriftlichen Materials zeichnet er ein differenziertes Bild des stettlin Gernsbach im Spätmittelalter
und in der frühen Neuzeit. Er nennt die topographischen Vorzüge der Kernstadt, die überschwemmungssicher
auf einem Ausläufer des Schnarrenbergs zwischen der Murg und dem Waldbach angelegt
wurde. Indem er die kommunalen Bauten wie Rat-, Kauf- und Kornhaus, Spital, Badstube und
Wirtshäuser, aber auch Brücken und Befestigungsanlagen beschreibt, erschließt er die Infrastruktur. Das
prächtigste Bürgerhaus stammt aus den Jahren 1617/18. Der Murgschiffer Johann Jakob Kast ließ es sich
im damals aktuellen Renaissancestil errichten, und bis heute ist es das Schmuckstück der Altstadt geblieben
. Die Dynastie Kast gehörte mehrere Jahrhunderte hindurch zur Gernsbacher Oberschicht.

Ausführlich bearbeitete Hennl die Bevölkerungsentwicklung und -struktur, die Wirtschaft und die von
der Stadtverfassung vorgesehenen Ämter und Dienste. Immer wieder werden die Komplikationen angesprochen
, die sich aus der Herrschaftsteilung von 1387 ergaben. 1505 konnten sie durch die Errichtung
eines Kondominats, die ungeteilte gemeinsame Verwaltung, entschärft werden. In der Zeit der Reformation
und der Konfessionalisierung im 15. Jahrhundert lebten die Konflikte aber wieder auf. Entsprechend
individuell gestalteten sich die religiösen Verhältnisse: 1528 bestellten die Gernsbacher Bürger einen
evangelischen Prädikanten, ohne von den in der Konfessionsfrage vorsichtig taktierenden Condomini behindert
zu werden. 1556/57 führten Markgraf Philibert von Baden-Baden und Graf Wilhelm von Eberstein
den Protestantismus einvernehmlich in der ganzen Grafschaft Eberstein ein; ein Schritt, den Phili-
berts Nachfolger ab 1569 zugunsten einer energischen Rekatholisierung zurücknahm. Da die Gernsbacher
Bürger im Gegensatz zu den ebersteinischen Dörfern sich weigerten, diese Rückkehr zum alten Glauben
nachzuvollziehen, wurde 1640 endlich ein dauerhafter Kompromiss ausgehandelt: Die Stadt wurde bikonfessionell
; der kleinen katholischen Minderheit wurde die Liebfrauenkirche zugewiesen.

Hennl schließt seine Untersuchungen 1660 mit dem Todesjahr des letzten Grafen von Eberstein und
dem damit verbundenen Ende des badisch-ebersteinischen Kondominats ab. Die Grafschaft Eberstein fiel
als speyrisches Lehen an den Fürstbischof zurück. In einem Ausblick führt Hennl über das Jahr 1660 hinaus
bis zum Ende des Alten Reiches und in die Ära des Großherzogtums Baden. Er spricht noch einmal
die Flößerei an, die im 18. Jahrhundert mit dem Holl and handel ihre letzte Blüte erlebte. Der Autor verhalf
der Stadt Gernsbach zu einer anspruchsvollen Stadtgeschichte und leistete gleichzeitig einen Beitrag
zur Stadtgeschichtsforschung, indem er zeigte, dass nicht jede Kleinstadt Ackerbürgerstadt war und dass
nicht alle Kleinstadtbürger ein beschränktes Blickfeld hatten. Renate Liessem-Breinlinger

Manfred Hermann: Der Schwarzwälder Bildhauer Matthias Faller (1707-1791). Sein Leben und Werk
in St. Märgen. Kunstverlag Josef Fink, Lindenberg 2006. 66 S., 49 Farbbilder, 11 S/W-Fotos und Facsi-
miles.

Matthias Faller, dessen Bildwerke so viele Kirchen in der Region zieren, wurde am 23.2.1707 in Neukirch
geboren; er starb am 3.2.1791 in St. Märgen. Rechtzeitig zum Gedenkjahr seiner Geburt vor 300 Jahren
erschien diese kleine Kostbarkeit: Eine knappe, aber überaus präzise gearbeitete Biographie des Künstlers
mit einer subtilen Darstellung seiner Werke in St. Märgen und Umgebung (insbesondere der Ohmen-
und der Thurnerkapelle). Das Ganze ist mit einer Fülle exzellenter Aufnahmen dieser Werke ausgestattet,
die sowohl ganze Ensembles wie auch besondere Details vor Augen stellen. Der Verfasser, Pfarrer i.R.
Manfred Hermann, ist ein ausgewiesener Kenner des südwestdeutschen Barock und Rokoko. Er hat hier
die einzelnen Stationen im Leben und Wirken des Schwarzwälder Bildhauers mit genauen Daten, authentischen
Zitaten und klugen Werkinterpretationen herausgearbeitet und in den Zusammenhang der
Klostergeschichte von St. Märgen gestellt. Der Großteil der vorzüglichen Abbildungen ist Christoph

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