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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
127.2008
Seite: 88
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was Vermöglicheren wird jährlich sehr viel Schweinefleisch verzehret. Im ganzen stehe das
Oberamt jedoch gut da und solle unter dem gegenwärtigen Oberbeamten, Herrn Geheimen
Hofrat Schlosser, der äußerst thätig ist, große Fortschritte gemacht haben.56

Für das Oberamt Rötteln-Sausenberg konstatiert von Galler einen hohe[n] Wert aller Landesprodukte
, in welchem selbe seit den 1770er teuern Jahren ... stehen; diese sind Getreide,
Wein, Holz, rohes oder verarbeitetes Eisen. Der Grund für das hohe Preisniveau sei die nahe
gelegene Schweiz, in die diese Waren exportiert werden; Getreide sei in Lörrach fast doppelt
so teuer wie in der Gegend um Karlsruhe. Im Blick darauf spricht Galler von den blühenden
Umständen der dortigen Inwohnerschaft, wobei er auch die Professionalisten und Handwerksleute
in dieses Urteil mit einbezieht, da sie sich ihre Arbeiten nach Verhältnisse der Preise der
Lebensmittel bezahlen lassen. Üppigkeit in Essen und Trinken wie auch in der Kleidung sei bei
den Röttier Bauer[n] sehr groß, und die ganze Lebensart derselben kann mit der eines Bauern
in [den] Unterlanden in gar kein Verhältnis gesetzet werden. Auf dem Oberamt konnte man
Niklas von Galler mehrere Bauern benennen, deren Vermögen sich auf 50-80.000 Gulden belaufe
. Galler fügt hinzu, daß diese Volksklasse [d. h. die der sehr Reichen im Oberamt Rötteln]
verhältnismäßig größer seie, als in anderen Gegenden und daß so oft ein einziger reicher Bauer
in die Stelle mehrerer Mittelmänner eintrete. Andererseits muss von Galler aber auch darauf
hinweisen, dass all jene Menschen, die keine Grundstücke haben und mithin alle Kreszenzien
erkaufen müssen, aber keine zu verkaufen haben, ... übel daran seien. Sie bildeten die arme ...
Klasse des Landvolks, deren Kinder in die Schweiz abwanderten, um in den dortigen „Fabriken
" ihren Lebensunterhalt zu verdienen, womit sie dem heimischen Arbeitsmarkt nicht mehr
zur Verfügung stünden. - Zusammengefasst könnten die Ausführungen Gallers darauf hindeuten
, dass die Bevölkerung im Oberamt Rötteln stärker als anderswo zweigeteilt war: in die
Klasse der vermögenden Großbauern und die der armen, weil nicht oder nur unzureichend mit
Land ausgestatteten klein- und unterbäuerlichen Schicht.57

Auch in der Herrschaft Badenweiler findet Galler überhaupt ... ziemlich begüterte Unter-
thanen. Wenngleich der Wohlstand in den niedern, d. h. nördlichen Vogteien größer sei als in
den obern, da deren Bewohner ihre landwirtschaftlichen Produkte, nämlich beste Früchte,
guten Wein und vorzüglich schönen Hanf, in der nahe gelegenen Stadt Freiburg mit gutem Gewinn
verkaufen könnten. Verglichen mit den Röttelner Bauern führten die Badenweiler Landleute
zwar eine einfachere Lebensart, aber wie dort sei auch hier das Vermögen zu wenig verteilt
; was heißt, dass einer vermögenden Oberschicht auch hier eine arme Unterschicht gegenüberstand
.58

Die Aussagen Gallers zum Vermögensstand der Bevölkerung sind deskriptiv und damit vage.
Sie treffen gegebene Sachverhalte, bedürfen jedoch einer erklärenden (und bisweilen korrigierenden
) Ergänzung.

Die von Galler bereisten badischen Oberämter Mahlberg, Hochberg, Rötteln-Sausenberg und
Badenweiler lagen - von Randzonen abgesehen - im sog. Real- oder Freiteilungsgebiet.59 Bei
dieser Form der Vererbung war im Grundsatz der hinterlassene Besitz unter alle erbberechtigten
Nachkommen gleichmäßig zu verteilen. Wenngleich es einschränkende und Sonderbestimmungen
gab,60 begünstigte dieses Erbrecht tendenziell die Güterzersplitterung mit fließend

56 Ebd., S. 34f.

57 Ebd., S. 53f.

58 Ebd., S. 66 und 68: muß es da auch sehr viele Arme geben, und besonders solle die Judenschaft in Müllheim und
Sulzburg immer mehr in Verfall geraten.

59 Zu den Erbsitten „Realteilungsrecht" und „Anerbenrecht" vgl. Strobel (wie Anm. 50), S. 85-93, und Straub
(wie Anm. 15), passim, bes. S. 26ff. und 129ff. Zu den sozialen Auswirkungen beider Erbrechte s. auch Buszello
(wie Anm. 51), S. 6-9.

60 Strobel (wie Anm. 50), S. 85-89. Auch Schülin (wie Anm. 47), S. 20: „Ab 1760 durften Äcker und Matten nicht
mehr weiter als bis zu einem Viertel (= 9 ar) geteilt werden."

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