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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
127.2008
Seite: 122
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2008/0122
Hoffen auf den großen Auftrag: Freiburger Künstler im Nationalsozialismus

Nutznießer der neuen Dekorationswut ab 1933 waren aber auch die in Freiburg und Umgebung
ansässigen Künstlerinnen und Künstler, die Anfang der 30er-Jahre in äußerst schwierigen wirtschaftlichen
Verhältnissen lebten. Diese Bildhauer und Maler erhofften sich durch die beinahe
flächendeckende Ausstattung Freiburgs mit „nationalen" Skulpturen, Reliefs oder Wandgemälden
neue Aufträge. Wie schon in der Weimarer Republik unterbreiteten sie der Stadtverwaltung
regelmäßig konkrete Angebote oder baten um Aufträge. 1933 änderte sich der Tenor
dieser Schreiben insofern, als einige Künstler alles daran setzten, um sich als vorbildliche Nationalsozialisten
zu präsentieren, denen gegenüber die neue Stadt-Regierung eine besondere
Verpflichtung habe. Derartige Hinweise waren meist mit der Klage verbunden, man sei
während der „Systemzeit" ungerecht behandelt und zurückgesetzt worden. Auch vor Denunziationen
ihrer Kollegen schreckten manche nicht zurück.9

Natürlich bekamen nun diejenigen Oberwasser, die politisch auf Linie waren und deren Stil
in der Vergangenheit keinerlei moderne Tendenzen aufgewiesen hatte, die also nicht als „entartet
" galten - aber selbstverständlich nur diejenigen, die sich als „arisch" ausweisen konnten
und als zuverlässige Mitglieder der „Volksgemeinschaft" angesehen wurden. In vielen Fällen
allerdings konnte die künstlerische Qualität der angebotenen Arbeiten nicht überzeugen. So urteilte
Sammlungsdirektor Werner Noack skeptisch, nachdem er im Atelier des für sich selbst
als treue(n) Mitkämpfer des Führers werbenden Bildhauers Hugo Knittel eine Hindenburg- und
eine Schlageter-Büste besichtigt hatte: Für irgendwelche städtischen Repräsentationsräume
kommen diese Büsten [...] überhaupt nicht in Betracht. Die Stadtverwaltung ließ sich schließlich
doch erweichen und erstand die überlebensgroße Hindenburg-Büste für den weit heruntergehandelten
Betrag von 500 RM, um sie im Vestibül der nach dem Reichspräsidenten benannten
Schule aufzustellen.10 Laut Berichterstattung in der „Freiburger Zeitung" wurde der
Ehrenplatz der Büste [...] so gewählt, daß sie im dauernden Lorheerschmuck der ein- und ausgehenden
Jugend zum Lebenssymbol werden kann.11

Ähnliches widerfuhr Ulrich Kottenrodt, als er der Stadt im Juli 1937 eine Hitler-Büste anbot
(Abb. 12). Bürgermeister Hofner nahm bei seiner Ablehnung kein Blatt vor den Mund: Ich
muß leider feststellen, dass diese Porträtbüste nach meinem Dafürhalten nicht der Vorstellung
entspricht, die man von unserem Führer hat. Vor allem ist der Gesichtsausdruck ein etwas gequälter
, kränklicher, nervöser, ganz im Gegensatz zu der starken Persönlichkeit des Führers}1
Erschwerend kam hinzu, dass die Errichtung eines öffentlichen Hitler-Denkmals grundsätzlich
nicht vorgesehen war, sondern nur dekorative Bildnisse in Innenräumen gezeigt werden sollten.
Schon am 10. Dezember 1933 nämlich war in Berlin folgende Anordnung erlassen worden:
Der Führer hat [...] bestimmt, dass keinerlei Hitlerdenkmäler. Gedenktafeln und dgl. zu seinen
Lebzeiten errichtet bezw. angebracht werden dürfen.13 Auch wenn allüberall das Land mit NS-

9 Der Bildhauer Hugo Knittel beispielsweise erklärte am 8.9.1933, als sein Vorschlag für ein Schlageter-Denkmal
kritisiert wurde: Diese bezw. ahnliche Bitternisse erlebte ich jahrelang unter dem Novembersystem, StadtAF.
C4/X/22/7a. Leo Lange, ein Bildhauer aus Gundelfingen, beschwerte sich im November 1933 bei OB Kerber.
dass der Ausländer Szilagi [...] über 20 Jahre einen Szecho-Slowaken beschäftigt habe und auch jetzt noch beschäftige
. Er reagierte mit dieser Denunzierung auf einen Vorwurf, der gegen ihn wegen Schwarzarbeit laut geworden
war. Lange an Kerber, 29.11.1933. in: StadtAF, C4/X/20/10.

'o Schlippe an Bürgermeisteramt, 20.5.1936 und 2.11.1936, in: StadtAF, C4/VII/6/5.

11 Freiburger Zeitung. 11.11.1936.

12 Zitate in: StadtAF, C4/VII/6/5. Kottenrodt wollte diese Büste nicht gegen Bares verkaufen, sondern mit dem Erlös
seine Mietrückstände begleichen. Sein Atelier befand sich im Eigentum der Stadt und er war damals 300.- RM
schuldig.

13 Zitat nach: Die Rückseite des Hakenkreuzes. Absonderliches aus den Akten des Dritten Reiches, hg. von
Beatrice Heiber und Helmut Heiber, München 1993, S. 63.

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