Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
127.2008
Seite: 139
(PDF, 36 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2008/0139
ter die „Adolf-Hitler-Straße" verlängert. Kerber wollte mit der Neubenennung der gesamten
Kaiserstraße ein Zeichen setzen zum Ausdruck des Dankes an den Führer und Reichskanzler
für die große Tat der Befreiung aus den Fesseln des Versailler Vertrags.*7 Am 27. März 1936
verfügte die zuständige Polizeidirektion gar, dass die Günterstalstraße von der Holbeinstraße
bis zur Dreisani, die Kaiserstraße, die Zähringerstraße von der Ludwig-AlbertStraße bis zur
Bahnunterführung an der Okenstraße künftig den Namen Adolf-Hitler-Straße tragen solle. Die
Schlageterstraße, ebenfalls noch unter Bender so benannt, wurde durch die bisherige Adolf-
Hitler-Straße verlängert und reichte nun vom Siegesdenkmal bis zum Schlossberg. In dieser
Umgebung befand sich seit Ende März 1933 auch die Horst-Wessel-Straße.88

Die Entscheidung um die neue Adolf-Hitler-Straße wurde offen-sichtlich ohne Rücksprache
mit der Reichskanzlei getroffen. Hätten die Freiburger hier ihre Umbenennung angekündigt,
wären sie möglicherweise enttäuscht worden. Denn schon im Frühjahr 1933 hatte der Chef der
Reichskanzlei klargestellt: Der Reichskanzler hat zwar nichts dagegen einzuwenden, daß
Straßen und Plätze nach seinem Namen benannt werden, hat aber ausdrücklich die Einschränkung
gemacht, daß von der Umbenennung von alten oder historischen Straßen und Plätzen
abgesehen wird.*9

Eindeutig befürwortete man hingegen die Entscheidung, solche Straßen, deren Träger nicht
mehr als „hoffähig" galten, umzubenennen. Aus dem Friedrich-Ebert-Platz wurde der Hinden-
burgplatz, der Haslacher Wilhelm-Engler-Platz wurde zuerst in Paul-Billet-Platz, kurze Zeit
später in Karl-Winter-Platz umbenannt, und für den nun frei gewordenen Paul Billet musste der
im Ersten Weltkrieg gefallene Sozialdemokrat Ludwig Frank das Schild räumen.90 Den Nationalsozialisten
schien der vorwiegend von Arbeitern bewohnte Freiburger Stadtteil Haslach, in
dem sie von Anfang an einen Großteil ihrer Anhängerschaft rekrutiert hatten, für Straßenbenennungen
nach ihren „Märtyrern" wie Karl Winter oder Paul Billet besonders geeignet zu
sein. Schließlich ließ sich damit der „endgültige" Sieg über den Hauptgegner bei Straßenschlachten
in der Weimarer Republik besonders deutlich dokumentieren: Haslach ist für die
Freiburger Bewegung, insbesondere für unsere S.A. Traditionsgebiet. Ähnlich argumentierte
auch der „alte Kämpfer" Josef Rudel, als er anderthalb Jahre später einen weiteren „Märtyrer"
für das Viertel vorschlug: Fritz Kröberfiel am 25. April 1925 (Reichspräsidentenwahl) in Durlach
Marxisten-Kugeln zum Opfer. Ihm zu Ehren soll eine Strasse in der ehemaligen Kommunisten
-Hochburg benannt werden. Die zuständigen Gremien folgten dieser Anregung und
gaben der heutigen Carl-Mez-Straße den entsprechenden Namen. Der Herbert-Norkus-Platz,
benannt nach einem in der „Kampfzeit" getöteten Hitlerjungen, komplettierte schließlich das
Ensemble.91

Den Freiburger „Opfern der Bewegung" wurde ebenfalls eine Straße gewidmet. Am frühen
Morgen des 17. März 1933 wollten die beiden Polizisten Karl Schelshorn und Johann Baptist
Weber in der Wohnung des SPD-Politikers Christian Daniel Nußbaum eine Hausdurchsuchung
vornehmen. Der Politiker, der sich in psychiatrischer Behandlung befand, fühlte sich derart in

«7 Protokoll einer ..Beratung mit den Ratsherren", 11.3.1936. in: StadtAF. C4/XII/30/1.

" Vgl. Stadtratsbeschluss, 30.3.1933, in: StadtAF, C4/XII/29/4. Kerber an Polizeidirektion, 19.3.1936. Polizeidirektion
an Bürgermeisteramt. 27.3.1936. beide in: StadtAF, C4/XILG0/1.

89 Zitat nach: Heibf.r/Heiber (wie Anm. 13), S. 181. Ob die Kaiserstraße als historisch eingestuft worden wäre,
kann im Nachhinein nicht mehr beurteilt werden. Deutlicher wurde man in Berlin im März 1938 kurz nach dem
„Anschluss" Österreichs. Auf eine Anfrage aus Wien antwortete die Präsidialkanzlei mit klaren Richtlinien: Nicht
zu genehmigen ist z. B. die Umbenennung einer Kaiser-Franz-Joseph-Strasse. Zitat nach: Ebd.. S. 200.

» Beschluss Hofner. 10.6.1933. in: StadtAF, C4/XII/29/4.

1,1 Rudel an Kerber, 2.6.1936; Polizeidirektor Sacksofsky an Bürgermeisteramt, 21.9.1936, in: StadtAF,
C4/XIL/30/1. Zu Haslach vgl. Markus Nessel: Die politischen Verhältnisse in Haslach. Ein fiktives Interview,
in: „Haslemer erzählen Annäherungen an den Alltag eines Freiburger Stadtteils von der Jahrhundertwende
bis 1945, hg. von der Projektgruppe Haslach und vom Arbeitskreis Regionalgeschichte Freiburg (Alltag & Provinz
3). Freiburg 1990. S. 105-109.

139


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2008/0139