Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
127.2008
Seite: 146
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Warum Zwangsarbeitereinsatz?

Diese Zahl ist erstaunlich, wenn man bedenkt, das Freiburg erstens keine Industriestadt und
zweitens bei Weitem kein Zentrum der Rüstungsindustrie war.

Erst im Laufe des Krieges, vor allem ab 1943 wurden kriegswichtige Produktionen aus
luftkriegsgefährdeten Gebieten des Reiches nach Baden und Freiburg verlegt. Hier hatten sie
dann „nachfragebedingt" ihren Ausstoß zu steigern, was nur durch die verstärkte Zuweisung
von Arbeitskräften, d. h. von Zwangsarbeitern und Zwangsarbeiterinnen, durch die Errichtung
von Erweiterungsbauten bei den Fabriken und durch eine extensive Ausschöpfung der
Arbeitskraft - 60-Stunden-Woche im Durchschnitt - zu bewerkstelligen war.

Viele der eingesessenen Freiburger Unternehmen produzierten kaum noch die Güter, die sie
in Friedenszeiten hergestellt hatten. 1944 waren fast alle in Rüstungsprogramme für Heer,
Luftwaffe und Marine eingespannt. Beispielsweise stellte die Schlossfabrik Theodor Kromer
im Stühlinger Werferraketen und Nebel werfermunition her. Die Büromöbelfabrik Fortschritt in
Haslach baute Patronenkästen und Flugzeugteile. Die Apparatebaufirma Hellige war an der
Torpedoherstellung beteiligt. Die Maschinenfabrik Raimann in St. Georgen fertigte Hochdruckarmaturen
für U-Boote und Lafetten für Feldhaubitzen. Spohn & Knoell stellte neben den
üblichen Säcken und staubdichten Geweben nun auch beschichtete Abdeckplanen für Panzer
her.3

KZ-Häftlinge als Zwangsarbeiter

Sicher einer der finstersten Aspekte der Zwangsarbeiterproblematik ist der Einsatz von KZ-
Häftlingen unter menschenverachtenden Bedingungen zur Zwangsarbeit, den viele der Opfer
nicht überlebten. Belege dafür, dass auch diese Art der Zwangsarbeit in Freiburg stattgefunden
hat, konnten der Autor, Dr. Bernd Spitzmüller, und Wolfgang Mehnert bei ihren Recherchen
zur Erforschung der Freiburger Zwangsarbeitergeschichte nicht ermitteln. Geplant allerdings
war sie. Im März 1945, also wenige Wochen vor dem Einmarsch französischer Truppen in
Freiburg, fragte noch das Eisenbahnbetriebsamt bei der Stadtverwaltung wegen Unterbringungsmöglichkeiten
für 500 Konzentrationslagerhäftlinge zum Arbeitseinsatz an. Es spricht
einiges dafür, dass es um Häftlinge aus Flossenbürg ging, die am 25726. März in Offenburg
eintrafen und vielleicht für Freiburg bestimmt waren; dorthin aber nicht mehr weitertransportiert
werden konnten. Sie gehörten zu sogenannten SS-Eisenbahnbaubrigaden, die zur
Instandhaltung der immer wieder zerstörten Bahnanlagen rund um die Uhr und unter Jagd-
bomberbeschuss verwendet wurden. Untergebracht waren sie zu jeweils 70 Personen in
Eisenbahnwaggons mit 4-stöckigen Betten. Bei der Arbeit wurden sie mit Peitschen angetrieben
. In den Arbeitspausen wurden sie in die Waggons eingeschlossen. Die Ernährung bestand
aus Vi Liter Ersatzkaffee morgens, Vi Liter Suppe mittags und 300g Brot mit Margarine am
Abend.4

Die KZ-Häftlinge standen auf der untersten Stufe einer vielschichtigen Klassengesellschaft
im Zwangsarbeiterwesen, das seit 1939 von den Nazis zur Behebung des durch Einberufungen
und Kriegsverluste verursachten Arbeitskräftemangels in Landwirtschaft und kriegswichtiger
Industrie sowie zur Steigerung und Aufrechterhaltung der Rüstungsproduktion organisiert
wurde.

3 Bernd Spitzmüller: „...aber das Leben war unvorstellbar schwer." Die Geschichte der Zwangsarbeiter und
Zwangsarbeiterinnen in Freiburg während des Zweiten Weltkriegs. Mit Beiträgen von Ulrich P. Ecker, Freiburg
2004, S. 104f.

4 Ebd., S. 41 f.; StadtAF, D.Qua. 71.

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