Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
127.2008
Seite: 151
(PDF, 36 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2008/0151
vermeidlich war, versuchten die deutschen Behörden durch Verordnungen, die sogenannten
Polenerlasse, möglichst zu begrenzen und eindeutig zu regeln.13 Sie umfassten unter anderem
Ausgangsverbote in den Abend- und Nachtstunden, Beschränkung der Benutzung öffentlicher
Verkehrsmittel und des Gasthausbesuchs, Verbot des Besitzes und der Benutzung von Fahrrädern
sowie Verbot der Teilnahme an deutschen Veranstaltungen. An der Kleidung hatten die
Polinnen und Polen ein aufgenähtes gelbes Abzeichen mit einem violetten P zu tragen.

Drakonische Strafen drohten, wenn es zu sexuellen Kontakten zwischen Deutschen und
Polen kommen sollte, die - wie es hieß - die „Reinhaltung des deutschen Blutes" gefährdeten.
Während Verhältnisse deutscher Männer mit Polinnen als Kavaliersdelikte behandelt wurden,
hatten im umgekehrten Falle die polnischen Zwangsarbeiter mit öffentlicher Hinrichtung zu
rechnen, bei denen Schicksalsgenossen mitzuhelfen hatten, und die deutschen Frauen mussten
fürchten, in demütigender Weise durch das Dorf getrieben und anschließend eventuell in
„Schutzhaft" genommen oder ins KZ eingeliefert zu werden.14

„Ostarbeiter"

Nachdem schon 1941 kriegsgefangene Rotarmisten zur Zwangsarbeit in Freiburg eingetroffen
waren, erschienen 1942 die ersten sogenannten „Ostarbeiter" in der Stadt, also Zivilisten, Männer
und Frauen, teilweise mit Kindern, die aus den von den Deutschen besetzten Gebieten der
Sowjetunion ins Reich deportiert worden waren.

Sie boten nach tagelangen Bahntransporten in verriegelten Güterwagen, verschmutzt in
Lumpen und ohne Schuhe einen erbärmlichen und abstoßenden Eindruck, wenn sie durch die
Stadt geführt wurden. Und das war auch so beabsichtigt. Man wollte sie als „Untermenschen"
präsentieren, auf deren Leben es nicht ankam.15 Sie sollten - auf welche Weise auch immer,
sei es durch Deportation, Aushungerung oder sonstige Liquidierung - aus den europäischen
Gebieten der Sowjetunion entfernt werden, die zur Erschließung als Lebensraum im Osten für
deutsche Siedler vorgesehen waren. Bevor sie umgebracht wurden, sollte ihre Arbeitskraft aber
möglichst noch für die Kriegswirtschaft ausgebeutet werden.

Für viele Weißrussen, Russen und Ukrainer blieb Freiburg nur eine Durchgangsstation. Diejenigen
, die blieben und das waren insgesamt mindestens 2.000, wahrscheinlich aber eher deutlich
mehr, wurden in Firmenlagern und vor allem im berüchtigten sogenannten „Ostarbeiterlager
" untergebracht, das von einer Arbeitsgemeinschaft verschiedener Freiburger Unternehmen
unterhalten und im Juni 1942 in Betrieb genommen wurde.16 Es befand sich auf dem Gelände
des ehemaligen Werks II der MEZ AG zwischen heutiger Habsburgerstraße, Rennweg und Sautierstraße
, das jetzt mit Wohnhäusern überbaut ist. 1.000 bis 1.500 Menschen waren in diesem
mit Stacheldraht umzäunten Fabrikkomplex unter katastrophalen hygienischen Bedingungen
zusammengepfercht. Nachts patrouillierten Polizisten mit Hunden durch und um die Gebäude.
Wachen und auch einer der Lagerleiter zögerten nicht, die Insassen mit Peitschen zu traktieren
. Geschlafen wurde auf verwanzten Bastmatten. Die verabreichten Essensrationen, die aus
Pferde- und Freibankfleisch, Brot, Kohlrüben und Tee-Ersatz bestanden, waren unzureichend
und teilweise ungenießbar. An der Kleidung hatten die „Ostarbeiter" einen Aufnäher mit der
Inschrift „OST" als Kennzeichen zu tragen.

Unter den Lagerbewohnern waren viele Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter, die bei
der Reichsbahn eingesetzt waren. Eine von ihnen war Anna Djatschenko. Zusammen mit 30

13 Spitzmüller (wie Anm. 3), S. 59f.

14 Ebd.. S. 60f
«5 Ebd., S. 67ff.
» Ebd., S. 71 ff.

151


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2008/0151