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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
127.2008
Seite: 186
(PDF, 36 MB)
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nis und Glossar, ausführliche Register zu Personen sowie geographischen Begriffen; Namen wie Hiroshima
, Normandie und Stalingrad deuten Dimensionen der Katastrophe an.

Der Band fasst zusammen, was man sonst in unterschiedlichen Veröffentlichungen erwartet: Wissenschaftliche
Darstellung und persönliches Erleben. Stichworte mögen zeigen, dass der Band auch geeignet
ist, Verständnis bei Nachgeborenen für Bewährung und Schuld der Generationen der Eltern und Großeltern
zu wecken: Militärisches Geschehen; Durchhalteparolen und Endsiegphantasien bis zuletzt; erschreckend
seltene Bekundungen gesunden Menschenverstandes; sinnlose Opfer von Kindersoldaten und
Zivilbevölkerung; Hitlerjugend und Volkssturm. Zu begrüßen ist, dass in den ausführlichen Abschnitten
zur Zeit seit dem Einmarsch der Alliierten (S. 242-404) auch dargelegt und problematisiert wird, was sonst
oft tabuisiert bleibt: Plünderung und Raub, Geiselnahme und französische Kriegsgefangenschaft, sexuelle
Belästigung und Vergewaltigung (als Täter wurden oft „Marokkaner" genannt, eine Sammelbezeichnung
für französische Soldaten aus Nord- und Westafrika). Erfreulich ist, dass darauf „Positive Erfahrungen mit
Besatzungssoldaten" folgen. Langfristig haben sie die deutsch-französische Verständigung begünstigt.
Nach allem, was Angehörige beider Völker sich in zwei Weltkriegen und danach angetan haben, wirkt das
gute Miteinander wie ein Wunder. Norbert Ohler

Wege aus der Armut. Baden in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, hg. von Rainer Brüning und Peter
Exner, Landesarchiv Baden-Württemberg/Generallandesarchiv Karlsruhe, Karlsruhe 2007, 60 S., Farb-
und S/W-Abb.

„Ein Hauptgrund des Loosreißens der Lawine lag besonders darin, dass die steile Bergwand oberhalb dem
Haus ganz kahl gewesen ist ..." (S. 9). So schildert der Bericht des Oberamtmanns von Triberg treffend
ein Unglück, das durch Abholzen verursacht worden war. Der ständige Raubbau am Wald wirkte sich nun
aus, ebenso wie extreme Wetterverhältnisse. Gerade die klimatischen Veränderungen haben die Not eskalieren
lassen. So ist das Jahr 1816 als „Jahr ohne Sommer" bekannt, das ebenso zu Hungerkrisen führte
wie die unzureichenden Getreideernten und die Kartoffelkrankheit Mitte der 1840er-Jahre. Und das bei
einem Bevölkerungswachstum in Baden, das innerhalb von nur 35 Jahren um 37 Prozent angestiegen war!
Auf lange Sicht gesehen entspannte die Zehntablösung sicherlich die ökonomische Situation vieler Landwirte
, aber so mancher Kleinbauer brachte die Ablösungsgelder nicht auf und musste sein Land verkaufen
. Ein Strukturwandel fand statt, der viele in die Stadt trieb, wo es vor der Industrialisierung noch keine
Verdienstmöglichkeiten gab.

Mit dem Heft „Wege aus der Armut" setzt das Generallandesarchiv Karlsruhe seine informative Reihe
zur Geschichte Baden-Württembergs fort. Ansprechend gestaltet, mit farbigen Abbildungen auf der linken
und Text auf der rechten Seite, geben zwölf Autoren, darunter zwei Frauen, einen knappen Überblick
über die Probleme in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Die Mitarbeiter des Generallandesarchivs
schöpfen durch ihre Archivarbeit aus dem Vollen und vermitteln sowohl dem Laien wie auch dem mit Geschichte
Vertrauten ein plastisches Bild der Lebensverhältnisse in einer Zeit des Umbruchs. Den Ursachen
, die zur Armut in Baden führten, wird ebenso nachgegangen wie den Lösungsmöglichkeiten zur
Überwindung der Krisen. Bezeichnenderweise nehmen die Reaktionen auf die Not eines großen Teils der
Bevölkerung nur relativ wenig Raum ein; noch erkannten nur wenige den Wandel der wirtschaftlichen und
sozialen Verhältnisse zur Zeit der Protoindustrialisierung. Abgeordnete wie Franz Josef Büß blieben Rufer
in der Wüste mit ihren Forderungen nach kürzeren Arbeitszeiten und vierteljährlicher Kündigungsfrist in
Fabriken. Dass eine Intervention des Staates auch in einer Zeit der Gewerbefreiheit zum Wohle des Volkes
notwendig war, führte bald zur Verknüpfung von Wirtschafts- und Sozialpolitik.

Während der Revolution von 1848/49 war noch zu erkennen, dass sich bereits Wege aus der Krise abzeichneten
, nicht zuletzt durch staatliche Impulse und freiheitliche Gesetzgebung wie Gewerbefreiheit und
Niederlassungsrecht.

Dem Thema entsprechend ist der größte Teil des Heftchens, 23 Seiten, den Lösungsmöglichkeiten vorbehalten
, die mit der Tulla'schen Rheinkorrektion und dem Bau der Eisenbahnlinie zwischen Mannheim
und Basel einen frühen „Take off in Gang setzten. Für den Bau des neuen Rheinbettes bei Eggenstein
wurden 1816/17 täglich 3.000 Arbeiter benötigt. Hier erhielten sie für einige Zeit Arbeit und Brot, ebenso
beim Ausbau des Schienennetzes. Auch nicht erbberechtigte Söhne aus Realteilungsgebieten fanden dadurch
Verdienstmöglichkeiten. Dem Heimgewerbe von Uhrmachern, Webern usw. war dagegen keine
große Zukunft beschieden; hier schufen erst Manufakturen und später Fabriken Abhilfe. Die völlig andere

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