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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2009/0026
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gen die Lebenden ihre Jagdfalken bei sich, was als Hinweis auf die bevorstehende Jagd und als
Symbol der Hingabe an diesseitige Vergnügen gedeutet werden kann. Außer der Variante mit
den aufrecht stehenden Gerippen gibt es auch die Toten, die in Särgen oder offenen Gräbern
liegen; der daneben sitzende Eremit spricht dann für die Toten zu den Lebenden. Meistens werden
diese Szenen durch den zitierten Spruch in lateinischer oder deutscher Sprache kommentiert
, gleichsam als Anregung, sich rechtzeitig auf den eigenen Tod vorzubereiten.

Das Bildmotiv dieser Legende lässt sich bis zum 13. Jahrhundert in Italien (Atri) zurückverfolgen
. Für das deutsche Sprachgebiet ist festzustellen, dass die Beispiele alle aus dem 14.
bis 16. Jahrhundert stammen und sich auf den Oberrhein, den Bodensee und das Schweizer
Mittelland konzentrieren; also den Raum, wo die Dichte der späteren Totentänze besonders
hoch ist. Und genau dieser Bereich deckt sich mit dem in diesem Beitrag behandelten alemannischen
Sprachraum.

1. Sempach-Kirchbühl / Kanton Luzern (ca. 13IQ)15

Auf der rechten Längswand der ehemaligen Pfarrkirche St. Martin in Kirchbühl hat sich
eine Darstellung der Legende von der „Begegnung der drei Lebenden und der drei Toten"
aus der Zeit zwischen 1300 und 1310 erhalten. Sie zählt zu den ältesten monumentalen
Darstellungen dieses Motivs, vielleicht beeinflusst durch französische Handschriften des
späten 13. Jahrhunderts, da sich Kirchbühl seit 1289 im Besitz der Benediktinerabtei Murbach
im Elsass befand und dadurch Einflüsse des elsässisch-lothringischen Kunstkreises
möglich waren.

Trotz des schlechten Erhaltungszustands ist noch zu erkennen, wie drei junge Könige
eine Begegnung mit drei aufrecht stehenden, in Leichentücher gehüllten Toten haben. Anfang
des 16. Jahrhunderts baute man in der rechten Längswand ein spätgotisches
Maßwerkfenster ein, wodurch das linke Drittel des Wandbildes von 1310 zerstört wurde;
von den drei Lebenden ist deshalb nur noch der rechte ganz sichtbar. Er hat seine linke
Hand im Redegestus erhoben, während er die rechte Handfläche abweisend den Toten
entgegenhält. Der erste Tote steht spiegelbildlich dem ersten Lebenden gegenüber, zusätzlich
damit beschäftigt, mit seinem linken Unterarm das Leichentuch festzuhalten.
Auch der zweite Tote hat seine rechte Hand erhoben. Der dritte Tote klammert mit seiner
Rechten das Leichentuch an sich. Die Lebenden scheinen in leichter Seitwärtswendung
auf die Toten zugegangen und dann bei deren Anblick stehen geblieben zu sein. Die Toten
wenden sich frontal dem Betrachter zu; die beiden ersten stehen breitbeinig auf beiden
Füßen, der dritte benutzt den rechten Fuß als Standbein und dreht sich spiralförmig.
Ob es ursprünglich auch einen Begleittext gegeben hat, ist nicht bekannt.

Die Szene gehört zu einem über die Wände des Kirchenschiffs verteilten Bilderzyklus
mit Themen aus dem Alten und Neuen Testament, bei dem sich auffallend viele unterschiedliche
Darstellungen des Todes befinden: der Tod als Schnitter, St. Michael mit der
Seelenwaage als Hinweis auf das Jüngste Gericht, die Legende von Fridolin und Ursus
(als Gerippe) sowie der besonders groß abgebildete hl. Christophorus, der angerufen wird,
um vor einem unvorbereiteten Tod bewahrt zu werden.

15 Uta Bergmann: Kirchbühl bei Sempach, Bern 1992; Sörries (wie Anm. 6), S. 80f. mit Abbildung; Odermatt-
Bürgi (wie Anm. 14), S. 133ff.; Regula Odermatt-Bürgi: Totentänze der Innerschweiz, in: Egger (wie Anm.
6), S. 16f.; Rotzler (wie Anm. 10), S.103ff.; Adolf Reinle: Die Kunstdenkmäler des Kantons Luzern IV (Die
Kunstdenkmäler der Schweiz 35), Basel 1956, S. 3781T.; Künstle (wie Anm. 14), S. 51. Vgl. auch Anm. 14.

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