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das Land sei. Trotz des Erfolges traf dies in gewissem Sinn. Es wird geschätzt, dass 2 % der
portugiesischen Bevölkerung (40.000 bis 50.000 Menschen) während der Zeit von Wellingtons
Ausharren hinter den Linien starben, vor allem durch Hunger und Krankheit.

Vor dem Hintergrund der Linien von Torres Vedras und der Person Wellingtons stellt sich
erneut die Frage, ob der „Türkenlouis" gescheitert ist. Im Großen und Ganzen wird sie mit Nein
zu beantworten sein, da der Markgraf sein wichtigstes Ziel erreichte und die vorderen Reichskreise
den Krieg überstanden. Jedoch war es auch kein vollständiger Erfolg. Dem Markgrafen
fehlte im Gegensatz zu Wellington die erforderliche Unterstützung vor Ort und der anfangs
noch vorhandene Rückhalt beim Kaiser war gegen Ende seines Oberkommandos am Rhein
nicht mehr vorhanden. Seine Befehle wurden missachtet oder zu langsam ausgeführt. Es waren
zu wenig Schänzer vorhanden, die Truppe war schlecht ausgerüstet und versorgt.

Ein weiteres Problem stellten die Länge der Linien und der Erschließungsgrad des Schwarzwaldes
dar. Durch die Hügel von Torres Vedras führten vier Straßen mit Abschnitten, die zwar
von leichter Infanterie benutzt werden konnten, aber nicht von Trosswagen, Artillerie und Kavallerie
. Ferner waren die Linien in Portugal durch die Besetzung mit Artillerie, Schanzen und
schwer bewaffneter Infanterie unpassierbar. Die Situation im Schwarzwald ist eher mit der in
den Pyrenäen vergleichbar, die relativ leicht durchbrochen werden konnte, was sowohl die
Franzosen als auch 1813 Wellington selbst erfahren hatten. Ebenso wie die Linien des Markgrafen
waren sie für eine effektive Verteidigung zu lang, eine Feststellung, die von Militärtheoretikern
vor allem seit dem 19. Jahrhundert immer wieder angebracht wird.

Damit sind bei einer Bewertung mehrere Umstände zu berücksichtigen, unter denen der
Markgraf sein Kommando am Oberrhein führte. Sowohl Markgraf Ludwig Wilhelm von Baden
als auch Wellington sahen sich und ihre Taktik der Kritik ausgesetzt.21 Zeitgenossen, die
aus habsburgischer und englischer Perspektive urteilten, und später die auf Schlachten fixierte
Militärgeschichtsschreibung des 19. und frühen 20. Jahrhunderts warfen dem Markgrafen zu
geringe Aktivität vor. Auch Wellington wurde ein zu defensives und vorsichtiges Handeln vorgeworfen
, jedoch wird ihm heute zugutegehalten, dass er ein Realist war. Er hatte erkannt, dass
es keinen Sinn machte, Truppen unbedacht in den Krieg zu führen und England in eine aussichtslose
Situation zu bringen. Gleiches gilt eigentlich auch für Markgraf Ludwig Wilhelm
von Baden, der das politische sowie wirtschaftliche Überleben der Reichskreise und ihrer
Stände schützen wollte. Im Falle einer Niederlage hätten auch sie sich nicht mehr erholt. Dass
dieses wichtigste Ziel trotz der zahlreichen ungünstigen Begleitumstände erreicht werden
konnte, ist den Planungen des Markgrafen und seiner Ingenieure zuzuschreiben.

Gefährdung der Militärlandschaften im Schwarzwald und am Oberrhein

Einige Linienabschnitte und Schanzen wurden nach ihrer Eroberung von den Franzosen oder
nach Freigabe durch die Regierung von den Bauern geschleift und noch im 18. Jahrhundert
wieder in unterschiedliche Flächennutzungen einbezogen. Weide- und Wiesenwirtschaft schonen
Befunde in der Regel, wie die Anlagen bei Neuenweg verdeutlichen. Beackerung bewirkt
dagegen eine Einebnung und durch intensive Landwirtschaft sowie Flurbereinigung werden
Befunde verwischt, wie z.B. in der Rheinebene. Je nach Grad der Planierung und nachfolgender
Erosion kann es sein, dass oberirdisch keine Spuren der Anlagen mehr erhalten sind. Auf
landwirtschaftlich genutzten Flächen wie in der Oberrheinebene sind sie nur noch im Luftbild

21 Zum Markgrafen vgl. Max Plassmann: Krieg und Defension am Oberrhein. Die vorderen Reichskreise und
Markgraf Ludwig Wilhelm von Baden (1693-1706), Mainz 1998; Ders.: Ludwig Wilhelm von Baden am Oberrhein
. Zwischen Sonne und Halbmond: Der Türkenlouis als Barockfürst und Feldherr, hg. von Daniel Höhrath
und Christoph Rehm (= Begleitband der Sonderausstellung zum 350. Geburtstag des Markgrafen Ludwig Wilhelm
von Baden im Wehrgeschichtlichen Museum Rastatt), Rastatt 2005, S. 34-40, hier S. 40.

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