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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2009/0142
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Im 2006 erschienenen Jubiläumsband schreibt der Präsident Ulrich Dold über Knecht: „Er
soll von kleinem Wuchs, aber wachem Geist, beweglich, gewissenhaft, pflichtbewusst und voll
Tätigkeitsdrang gewesen sein. ... Bei seiner Wahl 1934 hatte sicher Gewicht, dass man in der
Gesellschaft annahm, dass ein Offizier gegenüber der NS-Partei einen guten Stand hat. Dr.
Knecht führte die Gesellschaft durch die ganze NS-Zeit hinweg bis in die Nachkriegszeit."89
Die Formulierung, Knechts Offiziersdasein habe die Position der Gesellschaft „gegenüber" der
NSDAP gestärkt, ist sehr problematisch. Sie ließe sich als Distanz oder gar als Gegnerschaft
zum Nationalsozialismus interpretieren. Ferner lassen sich eine Reihe positiver Charaktereigenschaften
, die ihm attestiert werden, finden; auch ein Doktor-Titel wird ihm „spendiert" -
Kolonialideologie, Militarismus und SS werden dagegen verschwiegen. Wiederum erfährt man
nichts über das Vereinsleben während der NS-Zeit und welche Rolle Knecht dabei spielte.

Das Spruchkammerverfahren zur Entnazifizierung

Im November 1939 wurde Knecht erneut zum Militär eingezogen und war beim Wehrbezirkskommando
Freiburg tätig. Nachdem er am 30. Januar 1943 zum Oberst befördert worden war,
schied er zwei Monate später mit fast 69 Jahren aus der Wehrmacht aus. Vom 9. Juli bis zum
22. Dezember 1945 befand er sich aufgrund seiner Ränge in Freiburg in Haft. 1948 wurde von
der Spruchkammer Freiburg des Badischen Staatskommissariats für politische Säuberung ein
Verfahren gegen ihn aufgrund des Gesetzes zur Befreiung vom Nationalsozialismus und Militarismus
eingeleitet. Seine Verteidigungsstrategie lautete: Kein Eingeständnis oder gar Bedauern
, sondern Unschuld auf der ganzen Linie. SS- wie NSDAP-Mitgliedschaft seien ihm gegen
seinen Willen aufgezwungen worden, Ämter habe er keine innegehabt. Er sei niemals nationalsozialistisch
eingestellt, vielmehr Gegner des Regimes gewesen; ein Austritt hätte ihm aber
sicher das Konzentrationslager eingebracht. Als NS-Gegner habe er nicht nur andere Oppositionelle
unterstützt, sondern insbesondere auch verfolgten Juden geholfen. Seine Tätigkeiten
im NS-Reichskriegerbund seien vollkommen unpolitischer Natur und er sei kein Militarist
gewesen. Zum „Beweis" legte er eine ganze Reihe von Entlastungsschreiben vor.90

Die Spruchkammer stufte ihn als „Minderbelasteten" und nicht wie beantragt als reinen Mitläufer
ein. In der Begründung folgte die Kammer allerdings vollständig den Aussagen Knechts
und seiner Fürsprecher. Als Strafe für die angeblich rein formelle Verstrickung wurden ihm
lediglich 10 % Pensionskürzung und drei Jahre Bewährungsfrist auferlegt, auf die ein halbes
Jahr Haftzeit angerechnet wurde.91 Die französische Militärregierung akzeptierte die milde
Einstufung als Minderbelasteter nicht, verweigerte diesem skandalösen Urteil die Genehmigung
und veranlasste ein erneutes Verfahren bei einer anderen Abteilung. Trotzdem wurde er
wieder nur als minderbelastet eingestuft, jedoch die Strafe auf 20% Kürzung und vier Jahre
Bewährungsfrist angehoben. Im Großen und Ganzen folgte auch diese Abteilung Knechts Behauptungen
; insbesondere wurde die Tätigkeit im NS-DRKB als nicht militaristisch angesehen
und die vorgeblich erzwungene Aufnahme in SS und NSDAP betont. Wie es zu SS-Ehrenauszeichnungen
und der Beförderung kam, welche Tätigkeit er beim SS-Abschnittskommando
ausübte oder warum er sich in städtischen Ausschüssen dem NS-Oberbürgermeister andiente,
wurde nicht gefragt. Die Propagandatätigkeit für die kolonial-imperialistische Expansion nach
Afrika kam überhaupt gar nicht erst zur Sprache. Knecht fand sich mit der Einstufung keineswegs
ab. Er reichte 1950 ein Gnadengesuch ein, in dem er sehr nachdrücklich beantragte, zum
Mitläufer heruntergestuft zu werden. Er wagte darin zu behaupten, er habe die SS-Uniform nur

89 Ulrich Dold: 200 Jahre Museumsgesellschaft bis heute. Eine kleine Gesellschaft im großen Welttheater, in: 200
Jahre Bürgerkultur (wie Anm. 84), S. 31-53, hier S. 36f.

90 Schreiben von Rechtsanwalt Walter Scheffel an den politischen Untersuchungsausschuss vom 31.5.1948, ArC,
BADE 1489 d. 215 131.

91 Entscheidung der Spruchkammer-Außenabteilung Freiburg vom 28.9.1948, ebd.

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