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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2009/0172
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Landes- und Rechtshistoriker, Universitätsprofessor und wissenschaftlicher Publizist, Staatsanwalt
, Generalstaatsanwalt sogar - die Facette der Anwaltstätigkeit gehört auf den ersten
Blick nur marginal ins Bild dieser badischen Juristenpersönlichkeit. Und doch, so scheint es,
ist Baders Diktaturerfahrung, und gerade die des Strafverteidigers im Unrechts Staat, in einem
Maße prägend für den weiteren Berufs- und Lebensweg, die diese scheinbare Marginalität doch
ein wenig relativiert.

Zerstörte Karrierehoffnung: Der Anwaltsberuf als Nische

Tatsächlich hatte der 1905 in Waldau, heute Stadtteil von Titisee-Neustadt, geborene und in
Gutmadingen respektive Geisingen aufgewachsene katholische Lehrersohn Karl Siegfried
Bader zielstrebig die Laufbahn des Justizjuristen eingeschlagen (Abb. 1). Er hatte in Tübingen,
Wien, Heidelberg und zuletzt Freiburg Rechtswissenschaft studiert, 1927 das Erste und 1930
das Zweite Staatsexamen bestanden. 1928 wurde Bader mit einem rechtshistorischen Thema
„Das Schiedsverfahren in Schwaben vom 12. bis zum ausgehenden 16. Jahrhundert" in Freiburg
promoviert, für das er erstaunlicherweise nicht den Germanisten Claudius von Schwerin
als Betreuer gewählt hatte. Rückblickend erinnert er sich, dass er in Freiburg den Weg zu Claudius
von Schwerin zunächst nur über das zivilistische Praktikum [fand], erst nach dem Referendarexamen
in seinem Sachsenspiegelseminar, das mich ebensowenig stark berührte wie sein
Nordisches Seminar Um diesem zu entgehen, holte ich für das von mir erfundene und gewählte
Dissertationsthema ... den Beistand des dafür sachlich ganz unzuständigen Extraordinarius
Rudolf Schultz.^ Dass wohl auch die sachliche Kompetenz des Gutachters im Bereich des Verfahrensrechts
die Wahl beeinflusst hatte, hat Alexander Hollerbach überzeugend dargestellt.5
Im Jahr der Promotion 1928 heiratete Bader die Studienfreundin Grete Weiß, Tochter einer
Wiener Anwaltsfamilie. Zwei Jahre später leistete Bader als Gerichtsassessor den Beamteneid.
Eine glatte Berufskarriere möchte man meinen, denn 1933 stand der Nachwuchsjurist vor der
Ernennung zum Staatsanwalt. Die sogenannte „Machtergreifung" der Nationalsozialisten
brachte jedoch das frühzeitige Ende dieser Karrierehoffnung: Binnen weniger Monate fand sich
Bader auf der anderen Seite des Saales wieder, als Rechtsbeistand jener, die er doch eigentlich
hatte dorthin bringen wollen. Es war ein Seitenwechsel, der ihm nach eigenem Bekunden die
Augen öffnete und ihn lehrte, Gerichtsbarkeit und Justiz aus der Perspektive Betroffener zu
sehen.6

Wie bei manchem sogenannten „Märzgefallenen" hatte es auch bei Bader in jener „Machtergreifungsphase
", als Nachbarn, Bekannte oder Kollegen der NSDAP beitraten, einen Moment
der Anpassungsbereitschaft an die veränderten politischen Verhältnisse gegeben. Vom
mitgelaufenen Umfeld, von den Vorgesetzten gedrängt, unterzeichnete er ein Aufnahmegesuch
bei der NSDAP-Ortsgruppe Oberwiehre.7 Im Unterschied zu selbst manchem Angehörigen des
Widerstands musste Bader indes keinen langwierigen Distanzierungsprozess durchlaufen: Als
Ehemann einer wenngleich getauften und 1933 fluchtartig ins heimatliche Wien zurückgekehrten
Jüdin, „jüdisch versippt", wie es im Jargon der Zeit hieß, war Bader für die Partei nicht
tragbar. Und wer für die Partei nicht tragbar war, der war auch für den badischen Staatsdienst

4 Karl Siegfried Bader: Erinnerungen an Donaueschingen, hg. von Helmut Maurer, in: Schriften des Vereins
für Geschichte und Naturgeschichte der Baar 49 (2006), S. 84-135, hier S. 108. Zur Biografie Baders siehe hier
und im Folgenden auch Clausdieter Schott: Karl S. Bader zum 90. Geburtstag, in: Schau-ins-Land 114 (1995),
S. 5f.

5 Vgl. Alexander Hollerbach: Karl Siegfried Bader in Freiburg, in: Ders.: Jurisprudenz in Freiburg. Beiträge
zur Geschichte der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität (Freiburger rechtswissenschaftliche
Abhandlungen 1), Tübingen 2007, S. 373-396.

6 Karl Siegfried Bader: Politische und historische Schuld und die staatliche Rechtsprechung, in: Vierteljahrshefte
für Zeitgeschichte 10 (1962), S. 113-125, hier S. 113.

7 Generallandesarchiv Karlsruhe (GLA), 465c Nr. 305.

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