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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2009/0185
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Die Burg besaß strategische Bedeutung in einem jahrhundertelang umkämpften Gebiet, in dem mit
wechselndem Erfolg die Bischöfe von Straßburg, die Grafen von Württemberg, vor allem aber die Markgrafen
von Baden und die Pfalzgrafen ihren Einfluss zu behaupten suchten. Für den Niederadel in der
Ottenau bedeutete dies, mit komplexen und widersprüchlichen Einfluss- und Beziehungsgeflechten zurechtkommen
zu müssen. Das lässt sich einerseits an so gewichtigen Vereinbarungen wie die über Öffnungsrechte
der Burg ablesen (vgl. z.B. Urkunde 1471 Mai 10, Nr. 332 oder 1478 Mai 27, Nr. 366), wird
aber auch im Zusammenhang mit Streitfällen um geringfügigere Dinge wie Gülten sichtbar. Ein Beispiel,
wie Streitparteien aus der Grenz Situation und der damit einhergehenden Konkurrenz der aufstrebenden
Landesherren und Reichsstädte Handlungsspielräume generierten, ist die Urkunde von 1491 Dezember 12
(Nr. 445), in der detailliert ausgeführt wird, wie im Verlauf einer Auseinandersetzung unterschiedliche
Schiedsinstitutionen als zuständig herangezogen werden, immer in der Hoffnung, dort ein für sie günstiges
Urteil zu erlangen.

Der zweite wichtige Gesichtspunkt - neben der Geschichte des ortenauischen Adels -, der mit den hier
aufgearbeiteten Quellen beleuchtet wird, ist die spätmittelalterliche und frühneuzeitliche Alltagsgeschichte
, vor allem mit Hinweisen zur Wirtschafts-, Sozial-, und Rechtsgeschichte. Im vorgelegten Bestand
finden sich viele detaillierte Niederschriften über die Regelung von Verkaufs- oder Tauschaktionen,
an denen sich die Komplexität der frühneuzeitlichen Vorstellung vom geteilten Eigentum aufzeigen lässt.
Ebenso finden sich schöne Beispiele für das Funktionieren kommunaler Selbstverwaltung. In der vorliegenden
Form ist man des mühsamen Lesens der Handschriften genauso enthoben wie des Entwirrens des
bekanntermaßen oft krausen Satzbaus der Zeit nach dem Dreißigjährigen Krieg. Insofern können die
Regesten für interessierte Laien ebenso wie für den universitären Unterricht realitätsnahe Einblicke in die
vormoderne Alltagswelt eröffnen, u.a. in den Berufsalltag des Barockdichters Johann Jakob Christoph von
Grimmelshausen (vgl. dazu auch die Einleitung, S. 39-42). Um ein Nachschlagewerk für die zeitgenössischen
Begriffe wird der Anfänger dabei jedoch nicht herumkommen.

Die Ortenau ist bis heute für ihre Sonderkulturen berühmt. So verbirgt sich in der vorliegenden Urkundensammlung
eine Vielzahl an Hinweisen auf den Weinbau in der Region. Außerordentlich interessant
für die Agrargeschichte sind auch die Belege für die Kultivierung von Edelkastanien, die aufgrund
der klimatischen Anforderungen der Bäume nur in wenigen Regionen nördlich der Alpen möglich ist. In
der Wirtschafts- und Agrargeschichte ist die Auswertung von einer großen Zahl an Belegstellen zu bestimmten
Themengebieten der Schlüssel zum Aufdecken genereller Strukturen. Moderne Regesten, die
auch diese Fragestellungen einbeziehen (und das ist hier der Fall), sind dafür unschätzbar wertvolle Vorarbeiten
. Jedoch macht sich gerade dafür in der vorliegenden Sammlung das Fehlen eines Sachregisters
schmerzhaft bemerkbar.

Der Band ist das Ergebnis konzentrierter und sehr sorgfältiger Arbeit. Für die Geschichte des Oberrheingebietes
im Spätmittelalter und in der Frühen Neuzeit wird er in Zukunft ein bedeutender Referenzpunkt
sein. Wenn schon die finanziellen und personellen Möglichkeiten die Erschließung durch ein Sachregister
nicht zuließen, so sei hiermit für die Zukunft die Beigabe einer CD mit der digitalen Fassung der
Druckvorlage als recherchierbares PDF angeregt. Eine solche Datei würde wenigstens für die einfache
Stichwortsuche ein Sachregister ersetzen. R. Johanna Regnath

Manfred Frust/Silvia Huth: Schlösser am Oberrhein. Geschichte und Geschichten, Silberburg-Verlag,
Tübingen 2008, 160 S., 148 Farb-Abb.

Zweimal kommen die Grafen Douglas im handlichen und informativen Bändchen „Schlösser am Oberrhein
" vor: in den Kapiteln über Umkirch und Gondelsheim bei Bruchsal. Das Schlösschen im Kraichgau
gelangte über die Nachkommen von Großherzog Ludwig an den schwedischen Zweig des schottischen
Adelsgeschlechts; im Schlosspark von Umkirch steht ein herrschaftliches Haus aus den 193Oer-Jahren,
das sich Auguste Viktoria von Hohenzollern-Sigmaringen, Witwe des portugiesischen Exilkönigs Manuel
IL, erbaut hatte. Sie heiratete 1939 Robert Graf Douglas. Das Beispiel macht deutlich, dass die Autoren
die Besitzgeschichte der ausgewählten Objekte bis in die jüngste Zeit verfolgen und dort Querverbindungen
herstellen.

Querverweise bezüglich der Künstler, Baumeister und Architekten gibt es an vielen Stellen, vor allem
aus dem bau- und dekorationsfreudigen 18. Jahrhundert. Ein Beispiel aus dem 19. Jahrhundert ist das
Werk des Architekten Georg Jakob Schneider, der in den 1850er-Jahren das Freiburger Colombischlössle

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