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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2009/0203
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Robert Lauterborn: 50 Jahre Rheinforschung. Lebensgang und Schaffen eines deutschen Naturforschers
, hg. von Regio Wasser e.V., Redaktion: Jörg Lange, Lavori Verlag, Freiburg 2009, 815 S., 100 Abb.

Robert Lauterborn (1869-1952), der umfassend gebildete und vielseitig interessierte Nestor der deutschen
Limnologie, verstand „Mein Lebensgang" als Ergänzung zu ,Der Rhein. Naturgeschichte eines deutschen
Stromes' (Bd. 1-3; 1930, 1934 und 1938), als Rückschau auf sein Leben und sein wissenschaftliches Werk
(vgl. das Schriftenverzeichnis im Anhang).

Nach dem Studium in Heidelberg wurde Lauterborn Dozent in Karlsruhe, später Ordinarius für Forstzoologie
an der Universität Freiburg. Auf zahllosen Exkursionen erforschte er den Rhein von den Quellen
bis zum Delta, ferner den Bodensee und die Alpenseen, III, Neckar und andere Seitenflüsse, Rheinauen
, Kiesbänke und Trockenwiesen. Gestützt auf sorgfältig geführte Tagebücher stellt er Landschaften
wie den Kaiserstuhl und den Schwarzwald vor, mit besonderer Anteilnahme berichtet er von Pflanzen und
Tieren in ihrer oft schon bedrohten Umwelt. Einzelbeobachtungen lockern Überblicke auf: zur Goldwäscherei
(S. 253 und Abb. 2, fotografiert 1911), zum Fang von Fischen (im Hochrhein zwischen Basel und
Rheinfall 1910 noch 3.116 Lachse, S. 72) und Vögeln („früher" im Pfälzerwald auch mit dem Blasrohr,
S. 393). Anrührend erzählt er von Begegnungen mit Karl Hager, Benediktiner in Disentis. Während sie in
dessen Klosterzelle Stumpen rauchend fachsimpelten, habe „neben dem Kruzifix im Herrgottswinkel auch
ein Bild Darwins von der Wand" herabgegrüßt. Als einziger ausländischer Kollege habe Hager ihm im
Krieg geschrieben, und zwar zum Jahr 1915: „Meine herzlichsten Neujahrs wünsche Ihnen und Ihrem lieben
Vaterlande!" (S. 91f.).

Früh wurden Lauterborn die verheerenden Folgen der Verschmutzung von Flüssen und Seen durch die
Industrie bewusst; Trinkwasser und Fischerei waren gefährdet. Seit 1903 machte er in Gutachten auf die
begrenzte Fähigkeit der Gewässer zur Selbstreinigung aufmerksam und setzte sich für Schutzmaßnahmen
ein; ergänzend schlug er vor, wenigstens eine Auswahl von Altwassern, Auwäldern und Trockenwiesen
unter Naturschutz zu stellen (S. 329).

Auf wissenschaftlichen Reisen lernte Lauterborn Südosteuropa, Norwegen und Spitzbergen, die Kanarischen
Inseln, Italien, Algerien und die nördliche Sahara kennen. Er beobachtete, verglich und stellte
anschließend wieder fest, wie außerordentlich reich der Rhein war, seine Heimat. Im Rückblick fällt ihm
auf, dass er in seinem Tagebuch 1907 den Propeller „Flügelschrauben" genannt hat (S. 158); Sete in Südfrankreich
erscheint noch als „Cette".

Schreibend wollte Lauterborn Klarheit gewinnen, wie „Veranlagung, Herkunft, Umwelt sowie der Geist
der Zeit, in die ich hineingeboren wurde, auf mich selbst einwirkten und was dabei herauskam" (Vorwort,
8. August 1945). Gelungen ist ihm das nur bruchstückhaft. Verpflichtet weiß er sich Vorgängern, aber auch
Denkern, Dichtern und Künstlern von der Antike bis in die Neuzeit; Goethe erhält ein eigenes Kapitel. Er
stimmt Jacob Burckhardt zu, die „Semiten" würden „ihre völlig unberechtigte Einmischung in alles mögliche
büßen müssen"; so etwas könne sich „plötzlich und kontagiös von einem Tage auf den anderen
ereignen" (1880). Bücher Houston Stewart Chamberlains und Oswald Spenglers lobt er als „glänzend geschrieben
, reiche Belehrung". Er meint, „wir" hätten uns darauf besonnen, „daß die Kraft unseres Volkstums
nur im Boden der Heimat wurzelt" (geschrieben vor 1945?; S. 655f. und 658). Kein Wort zum Nationalsozialismus
. Die Ausblendung der Katastrophe 1933 bis 1945 ist um so auffälliger, als Lauterborn
Verluste beklagt, die er im Zweiten Weltkrieg erlitten hat. In den Jahren nach 1945 sieht er nur „brutalste
Ichsucht... hemmungslose Habgier ... eiskalte Gleichgültigkeit... Tiefstand der Moral ... Zeichen einer
kulturbedrohenden Entartung" (S. 744).

Trotz beschwerlicher Wege und des Gewichts der Ausrüstung hat Lauterborn viel fotografiert. Eine
Auswahl ist im Buch gut reproduziert, wenn auch nur selten datiert. Erinnerungen und Fotos dokumentieren
Teile einer verloren gegangenen Welt. Jörg Lange gebührt Dank dafür, daß er das Register erstellt
hat. Tausende von Namen und Bezeichnungen künden auf ihre Weise vom ungewöhnlich weiten Horizont
eines großen Naturforschers. Norbert Ohler

Hans Schadek: Robert Grumbach 1875-1960. Jüdischer Rechtsanwalt, Sozialdemokrat und Stadtrat, Ehrenbürger
von Freiburg (Stadt und Geschichte. Neue Reihe des Stadtarchivs Freiburg im Breisgau 20),
Schillinger Verlag, Freiburg 2007, 179 S., 46 S/W-Abb.

Man kann Robert Grumbachs Biografie nicht ohne Gemütsbewegung und Ergriffensein lesen. Es ist die
Lebensgeschichte eines Freiburger Bürgers jüdischer Herkunft, der 1940 Opfer der Deportation wurde,
als über 60-jähriger im Lager Gurs und anderen Lagern im besetzten Frankreich seiner Freiheit beraubt

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