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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2010/0135
Die Entstehung der jüdischen Gemeinde in Biesheim

Von
Günter Boll

Biesheim, das seit dem Holländischen Krieg (1672-1678) in Trümmern lag, wird in der 1710
in Regensburg erschienenen „Elsässischen Topographie" des Panierherrn zu Hochfelden, Franz
Ruprecht von Ichtersheim, als ein abgegangen Dorff bezeichnet, auf dessen Platz nur ein alt
Gemäuer von einer Kirchen stehet / weil selbige nach dem Abriss des Dorfes (1675) in die
Louis=Stadtl translociret worden ist / die Aecker und Felder aber werden aus dieser neuen
Stadt gepflüget und eingeerndet/die Wiesen und Wälder auch genutzet.2 Tatsächlich hatten die
Biesheimer Bauern, die 1687 als Bourgeois et Laboureurs de la ville neuve de Brisac bezeugt
sind,3 bereits zehn Jahre vor der Drucklegung der „Elsässischen Topographie" mit dem Wiederaufbau
des Dorfes begonnen, das nach dem Einmarsch der kaiserlichen Truppen ins Elsass
(1674) aus strategischen Gründen geschleift worden war. Und schon ein Jahr nach der im Friedensvertrag
von Rijswijk (1697) vereinbarten Rückgabe der 1639 von Frankreich annektierten
Statt vnndt Vöstung Breysach an Österreich (1700) hatte der Rat der Stadt den ehemaligen Vogt
zu Biesheim, Joseph Eyraut,4 auff sein vnndt deren sich zu Bießheimb befindenden Gerichts-
leuthen Suppliciren widerumb vor den Vögten zu Bießheimb auff vnnd ahngenohmen.5 Die
linksrheinische seigneurie de Biesheim blieb bis 1756 im Besitz der vorderösterreichischen
Stadt Altbreisach, der auch das herrschaftliche droit de protection des Juifs zustand.6 Samuel
Werth Judt von Winzenheimb, dessen Gesuch, ihn sambt seinem Weib undt zweyen Kindern in
Biesheim aufzunehmen, vom Rat der Stadt am 4. Dezember 1754 bewilligt wurde,7 könnte ein
Nachkomme des gleichnamigen Juden gewesen sein, der sich am 16. November 1700 an der
Wahl des elsässischen Landrabbiners Samuel Levy beteiligt hatte8 und 1702 als Einwohner von
Biesheim bezeugt ist.9 In den Akten des Notariats Neubreisach wird die Biesheimer Judengasse
erstmals in einem Tauschvertrag vom 16. Januar 1711 erwähnt, der den Erwerb eines kleinen

1 Gemeint ist die von Ludwig XIV. um 1670 ex nihilo gegründete, auf einer großen Rheininsel zwischen Breisach
und Biesheim gelegene und vom Volksmund als „Strohstadt" oder „Ville de Paille" bezeichnete Ville neuve Saint
Louis, die nach dem Bau der Festung Neubreisach geschleift wurde.

2 Franz Ruprecht von Ichtersheim: Gantz neue Elsaßische TOPOGRAPHIA, Das ist: der so wohl vor = als jetz-
mahlige ESTAT des gantzen Elsaß etc., Regensburg 1710, Teil 2 (Das Obere Elsaß), S. 79.

3 Archives departementales du Haut-Rhin Colmar (ADHR Colmar), 1 E 80 / 21. Plainte des habitants de la Ville
neuve, venus de Biesheim, contre les Juifs, chasses hors de Brisac la vieille et d'autres lieux, au sujet de la päture
de leurs bestiaux.

4 Stadtarchiv Breisach (StadtABr), Ratsprotokoll vom 13.4.1668 (Joseph Eyro Vogttzu Büesheimb). Joseph Eyraut
(ooi NN; °°2 Marie Eve Dopf, Tochter des Andre Dopf bourgeois de Saint Hypolithe) ist nach dem Zeugnis seines
Amtsnachfolgers Frangois Weiss am 18.7.1701 gestorben, ADHR Colmar, 4 E Not. Biesheim 1 / 1-2.

5 StadtABr, Ratsprotokoll vom 14.3.1701.

6 Paul Carl: Biesheim au fil des ans, Meyenheim 1994, S. 324.

7 StadtABr, Ratsprotokoll vom 4.12.1754.

8 Salomon Picard/Robert Weyl: Les Juifs de la Ville de Paille 1670-1700, in: Annuaire de la Societe d'Histoire
et d'Archäologie de Colmar 34 (1986), S. 17-23, ibid. S. 22.

9 ADHR Colmar, E 1627 (Ribeauville 29.5.1702: Samuel Werth de Blessen).

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