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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2011/0071
Die Große Zehrung
in den Gastwirtschaften des südlichen Schwarzwaldes

Von

Jochen Schröer

Beschäftigt man sich mit der Geschichte der Gastwirtschaften im Schwarzwald, so begegnet
einem immer wieder der Begriff der „Großen Zehrung". Für alle Beteiligten war es selbstverständlich
, um welche Art von Zehrungen es sich dabei handelte. Traten bestimmte Ereignisse
im Leben der Gemeindebewohner ein, so wurden diese im Regelfall mit ausgiebigem Essen
und Trinken in einem Gasthaus begleitet. Eine umfassende Definition dieser Großen Zehrungen
ist in einem Pachtvertrag, den Antoni Pfefferte mit dem Gotteshaus St. Trudpert wegen der
gemeinen Stubenwirtschaft im unteren Münstertal am 29. März 1740 abschloss, enthalten.
Darin hieß es u.a.: ... soll er, Stuben würth die recht- und gerechtigkeit dieser gemeinen Stuben
in fleißiger obacht nehmen, und sorgen, damit nemblich alle hochzeiten, Kindts Täuffenen,
Tausch, sowohl holz als andere Sachen betreffende Käuff und Verkäuff auch ... alle gemeinen
rechnungen, Monatsgelt ... freffelgerricht in Summa alle gemeinen anschläg, und Theilungen
auf der gemeinen Stuben, und sonst in keinem anderen wirthshaus gehalten und tractiert werden
.1 Zu den Anlässen für Große Zehrungen gehörten demnach: Hochzeiten, Kindstaufen,
Tauschvereinbarungen und bedeutende Käufe bzw. Verkäufe. Andere Akten ergänzen diese
Liste um weitere Anlässe: Eheabreden, Hofteilungen, Beerdigungen. Sie alle waren mit der
Abhaltung von Mahlzeiten verbunden, welche unter den Begriff der „Großen Zehrung" fallen.
Gemäß dem oben zitierten Pachtvertrag mussten in Untermünstertal alle diese Zehrungen in der
Stubenwirtschaft abgehalten werden. Andere Gasthäuser waren davon ausgeschlossen. Außerdem
enthielt dieser Pachtvertrag die Bindung, dass alle mit der Gemeindeverwaltung zusammenhängenden
Anlässe und Zehrungen in diesem Gasthaus abgehalten werden mussten.

Für uns heutige Menschen, die wir fast täglich in irgendeiner Form angehalten werden, beim
Essen und Trinken aus gesundheitlichen Gründen Mäßigkeit zu üben, ist es fast unvorstellbar,
wie viel bei den Großen Zehrungen konsumiert wurde. Wenn man als Beispiel für eine Große
Zehrung die typische Speisefolge eines Hochzeitsessens wiedergibt, kann man erahnen, welche
Bedeutung diese Veranstaltungen für die Beteiligten wie auch die Gastwirte hatten. Pfarrer und
Schriftsteller Heinrich Hansjakob, ein zuverlässiger Kenner der Schwarzwälder Sitten und Gebräuche
, beschreibt ein Hochzeitsessen in einem Gasthaus im Kinzigtal, wie es seit Jahrhunderten
ablief: „Zunächst kommen zwei Suppen, eine Brotsuppe und eine Nudelsuppe, dann
Rindfleisch mit Rahnen und Meerrettich. Jetzt erscheint das Hauptgericht, gebeiztes Rindfleisch
mit Nudeln und Gugelhopf ... Es folgt Schweinefleisch mit Sauerkraut und Bratwürsten, dann
Kalbfleisch mit Salat, endlich gebackene Kalbsfüße und Zwetschgen und schließlich nochmals
eine Suppe. Letztere weicht jetzt manchmal dem Kaffee."2 Dazwischen wurde immer wieder
getanzt und getrunken. Die Festlichkeiten insgesamt dauerten mehrere Tage (Abb. 1).

1 Generallandesarchiv Karlsruhe (GLA), 103/337.

2 „Der Hosig" in Heinrich Hansjakob: Wilde Kirschen. Erzählungen aus dem Schwarzwald, Stuttgart 1910, S.
576.

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