Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
131.2012
Seite: 45
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dass der Plan eines Stifts bereits auf Albrecht zurückgeht. Offensichtlich ist Papst Pius II. den
Bitten nicht nachgekommen, da sich zu diesem Vorgang keinerlei Einträge im päpstlichen
Supplikenregister finden lassen.90 Vermutlich ist aus der folgenden unzureichenden finanziellen
Lage der Universität, verbunden mit der nur zögerlichen Inkorporation der Pfarreien, der zweite
Schenkungskomplex von Herzog Siegmund im Jahre 1468 zustande gekommen.

Siegmund versuchte 1479 erneut, ein Münsterstift mit zwölf Kanonikern zu installieren. Die
Gesandtschaft aus seinem Rat Mathias Scheidt und seinem Sekretär Christoph Hasler sollte mit
der Stadt Freiburg von unnsern wegen zu reden beuohlen einen Stifft so wir zu Fryburg begierig
weren aufzurichtend Diesmal scheiterte Siegmund am Widerstand des Stadtrates und der
Universität, die eigene Interessen verfolgten und ihren Besitzstand wahren wollten.92 Die
Umwandlung der Präsenz in ein Kollegiatstift kam 1572 im Zuge der tridentinischen Impulse
wieder ins Gespräch, als vonseiten der Visitatoren eine umfassende Neuordnung am Münster
verlangt wurde. Auch diesmal wehrten sich Universität und Stadt erfolgreich. Die Pläne wurden
bis ins 18. Jahrhundert weiter verfolgt, aber nie realisiert, was auf ein recht zähes Ver-
handlungsgefuge zwischen Landesfürst, Stadt und Universität hindeutet. Nicht unerwähnt bleiben
sollen die personellen Verflechtungen, die sich in den folgenden Jahrzehnten zwischen dem
Stiftskirchenpersonal von Waldkirch und der Universität einstellten. Seit der Gründung der
Universität amtierten von den 21 Waldkircher Pröpsten immerhin 17 Personen, bei denen ein
Bezug zur Freiburger Universität hergestellt werden kann.93

Exkurs: Prozessionen als Ausdruck öffentlicher Religiosität

Die verschiedenen öffentlichen Prozessionen durch die Stadt waren Ausdruck der gemeinsamen
Glaubensüberzeugung und Religionspraxis.94 Die Rangordnung bei städtischen Prozessionen
, auch „Präzedenz" genannt, gilt als Spiegelbild der städtischen Zusammensetzung und des
jeweils zuerkannten gesellschaftlichen Ranges. Sie veranschaulicht daher sehr gut das beidseitige
Auftreten bei Reibungspunkten zwischen Stadt und Universität. Die Einforderung von
Standesrang bei kirchlichen Anlässen war keineswegs ungewöhnlich, aber nirgendwo sonst gab
es so zahlreiche und beständige Streitigkeiten um die Präzedenz wie in Freiburg. Prozessionen
wurden regelmäßig im Jahr an kirchlichen Festtagen und zu städtischen und universitären
Festakten durchgeführt. Als besonders bedeutsam ist die Fronleichnamsprozession hervorzuheben
. Ihr Merkmal ist, dass sich der Festzug aus einer auf- und absteigenden Rangfolge vor und
hinter dem Sakrament zusammensetzt und so das Sakrament zentriert ist.95

Die Universität als gesamte Korporation beanspruchte stets einen Vorrang vor den Stadtabgeordneten
, wobei innerhalb der Universität der Rektor ganz vorne schreiten durfte. Wenn ihr
der führende Platz verweigert wurde, unterblieb die Teilnahme der Universität oftmals gänz-

89 Ebd., S. 124; Mertens (wie Anm. 3), S. 35.

90 Speck (wie Anm. 88), S. 124f.; Mertens (wie Anm. 3), S. 35.

91 UAF, A42/28, abgedruckt bei Joseph Anton Riegger: Analecta academiae Friburgensis ad historiam et iurispru-
dentiam praecipue ecclesiasticam illustrandam, Freiburg 1774, S. 65.

92 L(eonhard) L(eopold) Maldoners Bericht über das Freiburger Münster 1754, in: Freiburger Münsterblätter 1
(1905), S. 90-92, hierS. 92.

93 Ein hervorragendes Beispiel findet sich in Konrad Arnold von Schorndorf, der viermaliger Rektor an der Universität
und seit 1480 Kustos in Waldkirch war. Daneben hatte er eine Pfründe am Münster erworben. Ihm verdankt
die Universität die erste Stiftung für sechs Stipendiaten, die er zusätzlich zu seinem Wohnhaus 1485 der
Universität hinterließ, Speck (wie Anm. 88), S. 126f.; Schreiber (wie Anm. 39), S. 51 f.

94 Braun (wie Anm. 73), S. 97.

95 Marian Füssel: Gelehrtenkultur als symbolische Praxis. Rang, Ritual und Konflikt an der Universität der Frühen
Neuzeit (Symbolische Kommunikation in der Vormoderne), Darmstadt 2006, S. 297.

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