http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2012/0107
Der Abt als Dorfchronist
Alltagsleben in St. Peter in Abt Steyrers Tagebuch 1749-1772
Von
Erich Kaiser
Philipp Jakob Steyrer, von 1749 bis 1795 Abt des Benediktinerklosters St. Peter auf dem
Schwarzwald, hat während seiner langen Regierungszeit gewissenhaft ein Tagebuch geführt,
von dem allerdings nur die Jahrgänge bis 1772 erhalten sind.1 Auf den überlieferten knapp
4.000 Seiten hält der Abt in flüssigem Latein alltägliche und besondere Vorkommnisse aus dem
Stift St. Peter fest, aber auch bedeutende politische, militärische, kulturelle und andere Ereignisse
aus Freiburg, aus dem Breisgau, aus der Habsburger Monarchie und aus dem übrigen
Weltgeschehen. Sein Tagebuch ist damit eine wichtige zeit- und geistesgeschichtliche Quelle
für die Abtei St. Peter und ihre historische Epoche.
Weniger beachtet wurde, dass der Abt neben diesen ,großen' Themen auch sehr viele
Eintragungen dem Dorfgeschehen in St. Peter gewidmet hat. Man erfährt hier zwar keine neuen
wichtigen Fakten, die nicht schon durch die Arbeiten des Heimatforschers Klaus Weber (St.
Peter) bekannt wären.2 Aber es ergeben sich schlaglichtartige Einblicke in Szenen und Vorkommnisse
aus dem Alltagsleben des Dorfes vor 250 Jahren, wie sie aus amtlichen Akten und
Protokollen nicht zu gewinnen sind. Aus seiner persönlichen Sicht- und Erlebnisweise berichtet
Steyrer zum Beispiel von Dorforiginalen seiner Zeit, aber auch von Familientragödien, von
Brandkatastrophen, Kriminalfällen oder Gespenstergeschichten.
Wenn man die auf das Dorf bezogenen Einträge aus dem Abts-Diarium herauszieht und im
Zusammenhang liest, begibt man sich auf eine Zeitreise in das St. Peter des 18. Jahrhunderts,
gefuhrt von Philipp Jakob Steyrer, der die Geschicke seines Dorfes nicht nur entscheidend
bestimmt, sondern auch interessiert beobachtet hat.3 Eine kleine Auswahl aus diesen Themen
soll nun vorgestellt werden. Es ist dies hier keine Arbeit über Abt Steyrer, sondern der Abt
soll durch sein Tagebuch - allerdings in deutscher Übersetzung - selber sprechen und erzählen
(Abb. 1).
Wegebau und andere Lasten der Untertanen
Die Untertanen weltlicher wie geistlicher Herrschaften waren in der damaligen Epoche nicht
nur zu Zins- und Ertragsabgaben an ihre Obrigkeit verpflichtet, sondern auch zu Arbeits- und
Überarbeitete Fassung eines Vortrags, der am 28.2.2011 im Bildungswerk St. Peter gehalten wurde.
1 Philipp Jakob Steyer: Diarium Philippi Jacobi, abbatis monasterii S. Petri a die 8. Dec. 1749 usque ad finem anni
1772, 8 Bde., Generallandesarchiv Karlsruhe, 65/549-556.
2 Klaus Weber: St. Peter im Wandel der Zeit. Beitrag zur 900-Jahr-Feier 1993, Freiburg 1992; Ders.: Höfechronik
von St. Peter, 2 Bde., Freiburg 1997 und 1998.
3 Der Abt als Dorfchronist. St. Petermer Menschen und Ereignisse in Abt Steyrers Tagebuch 1749-1772, Parallelausgabe
lateinisch/deutsch, ausgewählt, übersetzt und hg. von Erich Kaiser, unveröffentlichtes Manuskript, St.
Peter 2009.
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