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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2014/0195
Buchbesprechungen

Landes- und regionalgeschichtliche Literatur

175 Jahre Eisenbahn am Oberrhein. „Baden wird ein Weltmarktplatz werden", Begleitband zur Ausstellung
des Generallandesarchivs Karlsruhe 2013, bearb. von Martin Stingl, hg. vom Landesarchiv Baden-
Württemberg, Verlag Kohlhammer, Stuttgart 2013, 112 S., zahlr. Färb-Abb.

„Die Grundsatzentscheidung, eine Eisenbahn zu bauen, fiel in Baden auf ministerieller Ebene 1836, wenige
Monate nach der Eröffnung der ersten deutschen Bahnstrecke zwischen Nürnberg und Fürth." Anderthalb
Jahre später machte der Landtag den Weg frei; im März 1838 wurden die Gesetze über Bau, Finanzierung
und Grunderwerb verkündet. Die Entscheidung für den Bau einer Staatsbahn war gefallen, die praktische
Umsetzung konnte beginnen. Kein furchtloses Warten, kein zögerliches Debattieren und dennoch „sorgfaltiges
Abwägen des Für und Wider", so kommentiert Martin Stingl im Katalog zur Jubiläumsausstellung. Im
Anhang stellt er je ein Dokument zu Pro und Kontra vor: den euphorischen Lobpreis der wirtschaftlichen
Segnungen einer „Eisenbahn von Mannheim bis Basel und an den Bodensee" durch einen Mannheimer
Großkaufmann, der einer Privatbahn nach englischem Vorbild das Wort redete, und die Bedenken eines
Rastatter Gastwirts und Landtagsabgeordneten, der für den Fortbestand der Herbergen an der „Heerstraße"
fürchtete und prophezeite, dass Postmeister, Fuhrleute und Pferdezüchter ihre Arbeit verlieren. Er war sich
bewusst, dass er mit seinem Minderheitenvotum Gefahr lief, für kurzsichtig gehalten zu werden. Damit
unterscheidet er sich von den Gegnern von „Stuttgart 21", deren Parolen als Aufhänger für das Kapitel
„Hoffnungen und Ängste bei Badens Start ins Eisenbahnzeitalter" zitiert werden.

Der Vergleich mit „Stuttgart 21" drängt sich auch im Zusammenhang mit der Verlegung des Karlsruher
Bahnhofs auf, die ab 1905 geplant wurde und mit einer Südverschiebung der Gleisanlagen und einer bedeutenden
Erweiterung des Betriebsgeländes einherging, ohne indes bei der Bevölkerung Unmut zu erregen
. 1913 konnte das neue Jugendstilgebäude nach Plänen von Professor August Stürzenacker in Betrieb
genommen werden. Der alte Bahnhof vor dem Ettlinger Tor war ein Werk des Weinbrenner-Schülers
Friedrich Eisenlohr, der als Beamter der badischen Baudirektion zahlreiche Bahnbauten entworfen hat,
auch Bahnwärterhäuschen, deren Proportionen er aufgriff, als er einen Entwurf für die Schwarzwälder
Kuckucksuhr fertigte. Am Konstanzer Bahnhof kann man die Charakteristika der Eisenlohr-Bahnhöfe
noch studieren: taugliche Zweckbauten in klassizistischer Eleganz, überragt von einem hohen schlanken
Uhrenturm als dem Wahrzeichen des neuen Reisens mit Präzision. Das teuerste Bahnhofsgebäude der
badischen Staatsbahn stand und steht auf Schweizer Boden: der Badische Bahnhof in Basel, erbaut nach
Plänen des renommierten Karlsruher Architekturbüros Curjel und Moser, eröffnet 1913 wie der Karlsruher
Bahnhof und ebenfalls ein Jugendstilbau. Ein Staatsvertrag mit der Schweiz von 1852, der mit Ergänzungen
bis heute gilt, ermöglichte seinerzeit den Bau der Badischen Bahn nach Konstanz über Gebiet der Kantone
Basel-Stadt und Schaffhausen. Durch diese gutnachbarliche Vereinbarung konnte trotz des komplizierten
Grenzverlaufs eine dem Hochrhein folgende steigungsarme Trasse bestimmt werden.

Als die Bahn von Basel an den Bodensee gebaut wurde, hatte sich die Schweiz noch nicht entschieden
, ob sie die Eisenbahn über die Alpen nach Italien über den Gotthard, den Lukmanier oder Splügen
fuhren werde. Im Fall der beiden letztgenannten Lösungen bot sich Waldshut als Anschlussstelle an. Dort
wurde deshalb ein ehrgeiziges Projekt realisiert: die Eisenbahnbrücke Waldshut-Koblenz, die älteste feste
Eisenbahnbrücke über den Rhein nach Plänen des bekannten badischen Ingenieurs Robert Gerwig. Dieses
technische Meisterwerk ist bis heute unverändert erhalten, hat aber nie die erhoffte Bedeutung erhalten,
da der Hauptstrom des europäischen Nord-Südverkehrs mit dem Bau der Gotthardbahn über Basel gelenkt
wurde. An der Trassierung dieser Alpentransversale mit ihren Kehrtunnels auf der Nord- wie auf
der Südseite hat Gerwig maßgeblichen Anteil. Die Schweizer engagierten ihn, nachdem er durch den Bau
der Schwarzwaldbahn Offenburg-Radolfzell (1863-1873) international hohes Ansehen erlangt hatte. Die
Ausführungen zur verkehrsgeschichtlichen Bedeutung des langgestreckten Grenzlandes und zur daraus folgenden
internationalen Vernetzung der badischen Bahn stehen unter der Überschrift „Baden und Europa".

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