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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2015/0051
Invitiert ad Bacchanalia oder zu einem Fasnachtküchlein,
Klosterfastnacht in St. Peter und St. Märgen im 18. Jahrhundert

Von
Erich Kaiser

Bacchanalien hinter Klostermauern? Zugegeben: Das klingt reißerisch, aber es gab sie wirklich
im 18. Jahrhundert, die fastnächtlichen Bacchanalien in den Klöstern (Abb. 1). Freilich waren
sie in der Regel nicht so skandalös, wie der heutige Gebrauch des Begriffs ,Bacchanal' vermuten
lässt, der - von den tumultuarisch wilden Bacchusfeiern zu Ehren des römischen Weingottes
übernommen - ein wüstes Trinkgelage bezeichnet. Aber sie brachen immerhin so sehr aus dem
mönchischen Alltag aus, dass Philipp Jakob Steyrer, von 1749 bis 1795 Abt in St. Peter, sich
in seinem Tagebuch von Jahr zu Jahr mehr über die Störung der Klosterordnung an Fastnacht
erregte und sich ein Konflikt zwischen ihm und seinen fastnachtsfreudigen Patres anbahnte.
Durch Abt Steyrers Diarium, das Tagebuch seines Nachfolgers Ignatius Speckle (reg. 1795-
1806) und die Tagebücher der St. Märgener Äbte Andreas Dilger (reg. 1713-1736), Petrus Glunk
(reg. 1736-1766) und Michael Fritz (reg. 1766-1781) lässt sich gut veranschaulichen, wie damals
in den Klöstern die als ,Bacchanalien' bezeichneten Fastnachtsfeiern begangen wurden.1 Dabei
kommen ernste und zum Teil auch kuriose Interna aus dem Klosterleben ans Licht, zudem spiegeln
sich in den Veränderungen der Klosterfastnacht im 18. Jahrhundert die äußeren Geschicke
der Abtei St. Peter wider. Zugespitzt könnte man sagen: Auch an der Speisekarte der Bacchanalien
lässt sich die Geschichte der Abtei von ihrer Blütezeit bis zur Säkularisation ablesen.

Die Art und Weise, wie die Äbte von der Fastnacht sprechen, ist charakteristisch für die
beiden Klöster. Im eher einfachen ländlichen Milieu des Augustiner-Chorherrenstifts St. Märgen
verwenden die Äbte in ihren auf Deutsch verfassten Tagebüchern die heute noch üblichen
Bezeichnungen Fasnachtzeith, der so genannthe Schmuzige Donnerstag, Faßnacht und Faßnacht
Montag.2 Als Oberhaupt der vom benediktinischen Wissenschafts- und Bildungsanspruch
geprägten Abtei St. Peter dagegen spricht Philipp Jakob Steyrer in seinem lateinischen Diarium
von den drei letzten Fastnachtstagen in humanistisch-altsprachlicher Tradition als in tribus ul-
timis Bacchanaliorum diebus, gelegentlich nennt er sie auch Saturnalia (nach dem römischen
Freudenfest zu Ehren des Gottes Saturn) und einmal auch Hilaria (nach dem zu Ehren der Göttin
Kybele begangenen Frühlingsfest). Den Schmutzigen Donnerstag umschreibt er auf Lateinisch
umständlich als den fünften und den Fastnachtsdienstag als den zweiten Wochentag vor Ascher-

Philipp Jakob Steyrer (St. Peter): Diarium Philippi Jacobi, abbatis monasterii S. Petri a die 8. Dec. 1749
usque ad finem anni 1772, 8 Bde., Generallandesarchiv Karlsruhe, 65/549-556; Ignaz Speckle (St. Peter
): Das Tagebuch von Ignaz Speckle, Abt von St. Peter im Schwarzwald, 3 Bde., bearb. von Ursmar
Engelmann, Stuttgart 1965-1968; Andreas Dilger (St. Märgen): Die Tagebücher des Abtes bzw. Propstes
Andreas Dilger von St. Märgen und Allerheiligen/Freiburg (reg. 1713-1736), bearb. von Elisabeth Irten-
kauf, in: Freiburger Diözesan-Archiv 119 (1999), S. 5-328; Petrus Glunk (St. Märgen): Die Tagebücher
des Abtes Petrus Glunk von St. Märgen auf dem Schwarzwald (reg. 1736-1766). Gesamtfassung, übertragen
und bearb. von Elisabeth Irtenkauf, Löffingen 2000; Michael Fritz (St. Märgen): Das Tagebuch des
vorletzten Abtes von St. Märgen im Schwarzwald, Michael Fritz, hg. von Franz Kern, in: Freiburger Diözesan
-Archiv 89 (1969), S. 140-309. Wörtliche Zitate aus den Abtstagebüchern werden kursiv gesetzt;
ins Deutsche übersetzte Auszüge aus Abt Steyrers lateinischem Diarium sind in Anführungszeichen
wiedergegeben.

Glunk (wie Anm. 1), Februar 1745 und 1740; Fritz (wie Anm. 1), Februar 1770 und 1772 u.ö.

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