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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2015/0111
Eugen Selber (1895-1982).
Handlungsspielräume eines Freiburger Gestapobeamten

Von

Heiko Haumann
Zwei Erinnerungen

Drei französische Soldaten standen in der Tür und richteten ihre Gewehre mit aufgepflanztem
Bajonett auf ihn. Monsieur Selber? An diese Szene am 21. Mai 1945 erinnert sich Ingeburg
Selber noch heute, als wäre es gestern geschehen. Die Soldaten verhafteten ihren Vater als Gestapobeamten
und brachten ihn ins Gefängnis, wo er ein Dreivierteljahr blieb, bevor er in ein
Internierungslager eingeliefert wurde. Dabei hatte sich Ingeburg Selber so gefreut, dass der
Krieg vorbei war. Nach dem furchtbaren Luftangriff auf Freiburg am 27. November 1944 war
ihre Mutter Elisabeth (1901-1986) aus Angst, er könne sich wiederholen, mit ihr nach Burg/Höfen
bei Kirchzarten auf einen Bauernhof gezogen. Ihr Vater kannte den Hofbesitzer, der damals
auch Bürgermeister von Burg war. Nun waren sie vereint wieder nach Freiburg zurückgekehrt.
Allerdings: Ihr Onkel Fritz Richter (1879-1947), der Inhaber des „arisierten" ehemaligen Kaufhauses
Knopf, und seine Frau Bertha (1881-1962), eine Schwester ihres Vaters, waren bei dem
Luftangriff ausgebombt und nach Kriegsende von der französischen Militärverwaltung aus
dem Haus, in das sie hatten einziehen können, ausgewiesen worden. Eugen Selber hatte ihnen
daraufhin seine leer stehende Wohnung in der Kartäuserstraße 20 zur Verfügung gestellt. Die
Familie Selber wohnte deshalb bei einer Schwester der Mutter, Margarete Rink (1913-2009),
in der Kartäuserstraße 32. An diesem Tag, dem 21. Mai, hatte Ingeburg Selber ihren Vater zu
Dr. Heinrich Mohr (1874-1951) begleitet. Dieser war ein bekannter katholischer Theologe, der
schon 1932 zur Wahl der NSDAP aufgerufen hatte und bei der Großveranstaltung zum 1. Mai
1933 als Redner aufgetreten war. Mehrfach hatte er mit der Gestapo zusammengearbeitet. Nach
Kriegsende diente er sich der französischen Militärregierung an. Wollte sich Eugen Selber mit
ihm beraten? Auf dem Nachhauseweg waren sie bei Fritz Richter vorbeigegangen. Er hatte sie
mit der schlechten Nachricht empfangen, dass die Franzosen da gewesen seien und nun in der
Kartäuserstraße 32 warteten. Und tatsächlich - als Ingeburg und Eugen Selber dort klingelten
und ihnen die Mutter öffnete, standen die Franzosen bereit und führten den Vater ab. Erst 1948
sollte Ingeburg ihn wiedersehen.1

Gespräche mit Ingeburg Selber am 14.3.1988 und 18.2.2014; schriftliche Mitteilungen vom 18.9.2014 und
18.5.2015. Frau Selber hat mir schon bei der Vorbereitung meiner Beiträge zur „Geschichte der Stadt Freiburg
im Breisgau" (Bd. 3: Von der badischen Herrschaft bis zur Gegenwart, hg. von Heiko Haumann und
Hans Schadek, Stuttgart 1992, vgl. hier S. 344f.) sehr viel von ihrem Vater berichtet und immer wieder
Unterlagen zur Verfügung gestellt. Nachdem ich jetzt meine damaligen Nachforschungen wieder aufgenommen
hatte, hat sie mich erneut wesentlich unterstützt. Dafür danke ich ihr herzlich. Zu danken habe
ich weiter für archivalische Recherchen, vielfältige Hinweise und kritische Lektüre Gerhard A. Auer,
Ulrich P. Ecker, Gregor Gehrke, Peter Gohle, Fabrice Grandineau, Sabine Gresens, Melanie Hembera,
Jürgen Hensel, Heike Müller, Christiane Pfanz-Sponagel, Jochen Rees, Martin Schaffner, Andre Scharf,
Christoph Schmider, Erika Sommer, Martin Stingl, Ulrich Tromm, Heiko Wegmann und Agnieszka
Wierzcholska, für Hilfe bei der Literaturbeschaffung Anna Katharina Liesch. Für umfassende Unterstützung
bei meinen Nachforschungen in Polen bin ich insbesondere Leszek Hohdo zu großem Dank verpflichtet
. - Zu Heinrich Mohr siehe ebd., S. 306 und 310; zur „Arisierung" des Warenhauses Knopf durch

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