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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
135.2016
Seite: 171
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2016/0171
Die Wohnversorgung älterer Hilfsbedürftiger in Freiburg

zwischen 1955 und 1975

Von

Dorothee Lürbke

Über Jahrhunderte, spätestens seit der frühen Neuzeit, gab es nach allgemeiner Auffassung
zwei Gruppen von hilfsbedürftigen Menschen. Auf der einen Seite standen die ,unwürdigen4
Armen: Sie konnten theoretisch arbeiten, taten dies aber nicht, was ihnen den Vorwurf der Faulheit
und Arbeitsscheu einbrachte. Hilfsleistungen wurden ihnen daher in der Regel verwehrt.
Auf der anderen Seite befanden sich die ,würdigen' Armen, die unfähig waren, ihren Lebensunterhalt
selbst zu bestreiten. Diese Menschen, die aus Sicht ihrer Zeitgenossen unverschuldet in
Not geraten waren, bekamen Mitleid und Unterstützung.1

Zu der ,würdigen' Gruppe der Hilfsbedürftigen zählten klassischerweise auch ältere Menschen
, die aufgrund altersbedingter Probleme nicht mehr arbeiten konnten.2 Es erscheint daher
interessant zu untersuchen, was für diese Menschen getan wurde, um ihre Not zu lindern. In
meiner Dissertation zur Armutspolitik dreier deutscher Städte (Castrop-Rauxel, Freiburg und
Schwerin) im ,Wirtschaftswunder'3 habe ich mich unter anderem damit befasst, welche Maßnahmen
Behörden und Wohlfahrtsorganisationen in den ersten drei Jahrzehnten nach 1945 in
Freiburg ergriffen, um hilfsbedürftige ältere Menschen zu versorgen.

Im Folgenden fasse ich meine Ergebnisse zur Altenhilfe in Freiburg zusammen, genauer:
zur Frage der Unterbringung älterer Menschen in den Jahren 1955 bis 1975. Freiburg nahm dabei
bundesweit eine Vorreiterrolle ein: Zwar verzögerten gewisse Faktoren bisweilen den Aufbau
von Einrichtungen für hilfsbedürftige ältere Menschen. In der Tendenz jedoch entstanden
in sehr kurzer Zeit sehr viele Heime und Wohnungen für ältere Bürger, darunter auch neue
Wohnformen, die in anderen Städten viel später Einzug hielten. Das zeigt ein Vergleich mit
der Ruhrgebietsstadt Castrop-Rauxel, die als Nachzügler gegenüber Freiburg zu bewerten ist.
Zum Abschluss verrät ein kurzer Blick auf die Freiburger ,Zigeuner44, wie unterschiedlich für
,würdig4 befundene und als ,unwürdig4 verachtete Hilfsbedürftige in Freiburg bis weit in die
Nachkriegszeit hinein behandelt wurden.

Vgl. Katrin Marx-Jaskulski: Armut und Fürsorge auf dem Land. Vom Ende des 19. Jahrhunderts bis
1933 (Moderne Zeit 16), Göttingen 2008, S. 24f. und 384; vgl. Gerhard Schäfer: Geschichte der Armut
im abendländischen Kulturkreis, in: Handbuch Armut und soziale Ausgrenzung, hg. von Ernst-Ulrich
Huster u.a., Wiesbaden 2008, S. 221-242, hier S. 229.

Vgl. Birgit Baumgartl: Altersbilder und Altenhilfe. Zum Wandel der Leitbilder von Altenhilfe seit 1950,
Opladen 1997, S. 63; vgl. Marx-Jaskulski (wie Anm. 1), S. 313.

Dorothee Lürbke: Armut und Armutspolitik in der Stadt. Castrop-Rauxel, Freiburg und Schwerin im
innerdeutschen Vergleich, 1955 bis 1975, Dissertation, Freiburg 2014 (OnlineVeröffentlichung in FreiDok
der Universitätsbibliothek Freiburg 2015).

Die Bezeichnung ,Zigeuner4 entstammt den Quellen. Der neue Begriff , Sinti' fand erst nach Ende des
Untersuchungszeitraums, seit den späten 1970er-Jahren, Verbreitung (vgl. Gilad Margalit: Die Nachkriegsdeutschen
und ,ihre Zigeuner4. Die Behandlung der Sinti und Roma im Schatten von Auschwitz,
Berlin 2001, S. 12). Da die Bezeichnung heute als diskriminierend gilt, wird sie im Folgenden stets in
einfache Anführungszeichen gesetzt.

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