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Die vierte Säcularfeier der Universität Tübingen im Jahre 1877
Tübingen, 1878
Seite: 32
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j4m Freitag dem 10. August füllte sich Vormittags der Festsaal der Universität wieder
durch ihre Angehörigen und Ehrengäste, soivie zahlreiche andere Festgenossen, um der Verkündigung
der Ehrenpromotionen durch die Dekane der Facultäten anzuwohnen. In Mitten
der Versammlung erschien Seine Königliche Hohheit der Prinz Wilhelm.

Die Kapelle begann mit dem Krönungsmarsch aus der Oper: der Prophet von Meyerbeer
, ivorauf der Kanzler der Universität von der akademischen Bednerbühne aus den festlichen
Akt durch folgende Pede über die Ehrenpromotionen einleitete:

. HOHE UND HOCHGEEHRTE VERSAMMLUNG!

Als mir die Aufgabe zugewiesen wurde, die Verkündigung der Doctorproniotionen mit
einem Redeaet einzuleiten, weil diess vor 100 Jahren auch dem Kanzler der Universität obgelegen
habe, war es wohl eine erlaubte Neugier nachzusehen, was denn mein Amtsvorfahre damals
bei diesem Anlass zu sagen gewusst habe. Er war Professor der Theologie, Propst der
Stiftskirche und hiess Johann Friedrich Cotta. Er sprach in einer lateinischen Rede von
nachahmungswürdiger Kürze über das Thema: ob es sich für den Christen und insbesondere für
einen Diener der Kirche gezieme, die Doctorwürde anzunehmen. Ich darf wohl von den Gedanken
des Redners über einen für uns so befremdlich erscheinenden Zweifel Einiges anführen.
Er erinnert zuerst an jene Stelle im ersten Evangelium, wo Jesus seinen Jüngern untersagtT
sich als Rabbi oder Meister anreden zu lassen, da diess ihm allein zukomme und sie unter sich
nur Brüder seien. Der jüdische Rabbi aber entsprach so ziemlich dem späteren Doctor oder
Magister; und wenn die andere Stelle von dem Kathegeten oder Meister im lateinischen Text
lautete: neque doctor'es vocemini, wie wollte man diess anders übersetzen als: ihr sollt euch
nicht Doctor nennen lassen ? Man hatte durch Jahrhunderte diese Bibelstelle unbeachtet gelassen
oder nicht so ausgelegt; in der Zeit der Reformation aber, als man mit der Ueberlieferung brach
und in Allem auf die Schrift zurückgieng, da hat nicht nur jener Karlstadt, der auch sonst zu
radicalen Folgerungen aus den neuen Grundsätzen fortschritt, sofort seine Doctorwürde niedergelegt
und sich nur noch als Bruder Andreas anreden lassen, sondern auch der besonnene Ulrich
Zwingli hatte schwere Gewissensbedenken in diesem Punkt, die von mehreren seiner Freunde
getheilt wurden. Gleichwohl weiss mein gelehrter Amtsvorfahre über diess biblische Bedenken
mit klugen Worten wieder hinwegzukommen. Die "Warnung Jesu beziehe sich doch nur auf
jene wissens- und tugendstolzen Schriftgelehrten und Pharisäer seiner Zeit, und gelte darum


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