Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
1.1907/8
Seite: 241
(PDF, 135 MB)
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— 241 —

Das brachte den Magister noch mehr aus der Fassung. „Hohe
Herrin — Ihr habt befohlen —u rang es sich mühsam von seinen Lippen.

„Den gestern unterbrochenen Unterricht heute wieder fortzusetzen,
ei freilich, das habe ich befohlen, aber es scheint mir ich soll Euch auch
noch befehlen Eure Augen zu erheben und mich anzusehn? Oder gefällt
Euch der Teppich heute so besonders? Und nun nehmt Euch einen
Schemel, setzt Euch zu mir und laßt mich teilnehmen an Euerer Gelehrsamkeit
— Doch warum so weit entfernt von mir — erlaubt — hier
mein Freund ist Euer Platz!" Und sie rückte, als er sich in einiger
Entfernung von ihr niederlassen wollte, mit diesen Worten den Schemel
ganz nahe zu sich heran.

Verwirrt leistete der Magister ihrer Aufforderung Folge. Er fing
nun an von seiner Lieblingswissenschaft, der Astrologie, zu sprechen,
aber es wollte ihm nicht recht gelingen. So oft er zur Gräfin aufsah,
traf ihn ein Blick, der sein Inneres in hellen Aufruhr versetzte. Nur
mühsam vermochte er in seinen Erklärungen fortzufahren. — Was war
das? Wohl fühlte er sich in der letzten Zeit jedesmal beunruhigt, wenn
er sich der Gräfin gegenüber befand, aber so wie heute — ? Welcher
Zauber ging von diesem Weibe auf ihn über, ein Zauber, der sein Blut
entflammte, der ihn vergessen ließ, daß er ja dem Weibe für immer entsagt
hatte, der ihn drängte ihr zu Füßen zu stürzen, ihre Knie zu umfassen
und sie um Erlösung zu bitten, der ihn drängte sie an sich zu
reißen? — Und je mehr er sich mühte diesem Einfluß zu entrinnen, desto
dämonischer überstrahlte ihn dieses Weib mit ihrem WTillen, sein Widerstand
erlahmte nach und nach, seine Blicke wichen den ihrigen nicht
mehr aus, sondern berauschten sich an der Glut derselben. Er wußte
bald nicht mehr was er spfäch, er wußte nur, daß sich plötzlich ihre
Hände gefunden hatten, daß er ihr klopfendes Herz an seiner Brust fühlte
und daß verzehrende Feuerströme seine Seele durchglühten. Schon hatten
sich ihre Lippen vereinigt, schon drohte die Leidenschaft ihn vollkommen
zu übermannen — da schob sich plötzlich zwischen ihn und der Verführerin
ein für den Magister deutlich sichtbares, geisterhaftes Antlitz,
das die ihm so lieben Züge trug und aus weichem zwei dunkelblaue
Augen ernst und mannend auf ihn blickten, und es war als ob aus diesen
Augen ein geheimnisvolles Etwas auf ihn überging, das ihn blitzschnell
zur Besinnung brachte und das Blut in seinen Adern mit übernatürlicher
Kraft zur Ruhe zwang.

Hastig entwandt er sich den Armen der Gräfin, stammelte einige
Worte der Entschuldigung und trat zurück.

Die Gräfin war einen Augenblick überrascht, gab aber ihr Spiel
noch nicht verloren. Mit dem verlockendsten Lächeln und der verführerischen
Haltung und dem Aufgebote ihres ganzen Willens wollte
sie sich ihm wieder nähern, aber sie hatte bereits allen Einfluß auf ihn
verloren — seine abweisende Gebärde zwang sie zurückzuweichen.


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