Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
7.1913/14
Seite: 38
(PDF, 170 MB)
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ins Dorf zu Kaminiez zu gehen und die Kranken zu pflegen, die Hungernden
zu speisen und die Traurigen zu trösten.

Es war in einer Neujahrsnacht, als sie ihren Korb am Arm und
die Schlüssel der Wasserburg im Gürtel trug. Da überfiel sie der Gun-
dobock von Lochwitz und wollte sie vergewaltigen. Aber sie schlug
ihm den schweren Schlüssel aufs Haupt, und indem er einen fürchterlichen
Fluch ausstieß, spaltete er mit seinem Schwerte das Haupt der
Nonne. Da war es grade Mitternacht.

In der Wasserburg wurden alle Fenster hell, als gäbe es ein Fest,
und alle Türen sprangen auf und ein Reh ohne Kopf schritt langsam
durch alle Zimmer und Kammern, und ein großer Schlüssel klirrte im
Tor. Und solange das Reh auf der Wasserburg umgeht, kann nichts
Schlimmes geschehn und sie steht im Schutz der himmlischen Mächte.

Das war die Sage. — Ich saß nachher allein in meinem Bette und
wartete und betete ängstlich. Da schlug es Mitternacht. Plötzlich war
es ganz hell im bisher dunklen Zimmer, die Flügeltür sprang weit auf
und ein weißer Nebel wallte durch den Raum.

Viele Jahre lang habe ich dann die Schlüsseljungfer in der Neujahrsnacht
gesehn, bis zu jener Nacht, da das neue Jahr kam und kein
Stein der Wasserburg uns mehr gehörte und Unglück und Schuld uns
aus den geliebten Mauern trieben.

Als ich damals meinem Vater am Neujahrstage sagte, was ich gesehen
, lächelte er und sagte: »Kind, das sind alte Sagen, aber ja, das
ist wahr, auch ich bin ihr oft begegnet!«

Mein Vater war ihr besonderer Günstling, und Jungfer Adalgiese
hat ihm einst, wie er mir später sagte, alles vorher gesagt, was nach
seinem Tode eintreffen würde und leider auch so kam.

Mich hat sie einmal sonderbar beschützt. Wir hatten im Sommer
eine Badehütte am Waldsee, und ich pflegte alle Abende hinüberzureiten
und im See zu baden. Es war eines Julitages, daß ich mich zu lange
am See verweilt hatte und die Sonne schon sank, als ich aus dem Wasser
stieg und mich ankleidete.

Mein Pferdchen graste mit gekoppelten Füßen dicht am See und
der Sattel lag nicht weit davon auf einem Stein.

Es braute sich ein Gewitter im Westen zusammen und die Dunkelheit
brach rasch herein. Ich eilte, so sehr ich konnte, und sattelte, aber
plötzlich riß der Riemen und ich hatte nichts, womit ich ihn befestigen
konnte. Ungesattelt aber wollte ich nicht reiten, zumal mein Tier sehr
störrisch war und Gewitter es scheu machte.

Schon donnerte es und ich sah mich ratlos um. Ach, wie entsetzlich
einsam war es hier und im Umkreis einer Stunde keine menschliche
Wohnung. Meine Eltern waren in der Stadt, Tante Lene bei ihren Ver-


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