Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
7.1913/14
Seite: 221
(PDF, 170 MB)
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Parapsychologie und Grenzgebiete der Psychologie

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wandt, so dürfte sie noch einen Teil des duftes aufsaugen. Das gleiche darf man von
einer Reihe von Stoffen sagen, die im Magen und Darm zunächst eine Art von Fäulnis
hervorrufen und dann giftig wirken. Eine gute Wirkung der Tierkohle dürfte
auch bei Vergiftungen, die auf Bakterien oder deren Stoffwechselprodukte (Toxine)
beruhen, eintreten, so bei Wurst- und Fleisch- sowie Fischvergiftungen.

Die Experimente mit Tierkohle verdienen also weiteste Beachtung, da es sehr
wohl möglich erscheint, daß der Arzneischatz um ein vorzügliches Mittel gegen eine
große Reihe von Vergiftungen bereichert ist.

Der Sänger mit dem „bösen Blick". Zu den Lieblingen des Pariser Publikums
im Anfange des zweiten französischen Kaiserreiches gehörte der Sänger Massol von
der kaiserlichen Oper zu Paris. Massol war ein eigentümlicher Mensch, ein Sonderling
, finster, verschlossen, abstoßend in seinem Wesen; in den dunklen Augen glühte
düsteres Feuer und seine Neider und Feinde verbreiteten die Mär: Massol habe den
„bösen Blick". Wie jeder Unsinn, sei er auch noch so töricht, geglaubt wird, so
fanden sich auch hier Abergläubische, die dem Sänger auswichen; die Mehrzahl der
Pariser freilich wußte der Sänger nach wie vor durch den Zauber seiner Stimme zu
begeistern, und namentlich die Damen schwärmten für ihn trotz der dämonischen
Eigenschaft, die man ihm zuschrieb. — Zu den Repertoirstücken der kaiserlichen Oper
gehörte damals Halevys „König Karl VI.", und besonders galt die sogenannte Flucharie
für die beste Nummer darin, deren Vortrag bei jeder Aufführung mit stürmischem
Beifall belohnt wurde. Als Massol diese Arie das erstemal sang, wandte er, dem
Geist der Rolle folgend, den Blick himmelwärts, von den ewigen Mächten die Erfüllung
seines gegen das Haupt des Feindes geschleuderten Fluches fordernd. Atemlos
lauschte das Publikum dem Sänger, und als er geendet, brach ein selbst in diesen
Räumen nicht häufiger Jubel aus. Aber plötzlich verstummte der Applaus; aus der
Höhe, wo Massols Blick gehaftet hatte, stürzte ein armer Maschinist herab auf die
Bühne und ward als Leiche hinweggetragen. Das peinliche Aufsehen, welches der
Vorfall verursacht, war die Veranlassung, daß einige Zeit verging, ehe die Oper
wieder zur Aufführung gelangte. Endlich ging sie wieder über die Bühne, und
Massol, dem das traurige Ereignis noch in lebhafter Erinnerung war, richtete diesmal
bei der Flucharie nicht den Blick zu den Soffitten hinauf, sondern abwärts, nach den
Sitzen der Musiker. Kaum war der letzte Ton der Arie verklungen, als der Kapellmeister
Habeneck, ein geborener Elsässer, sich unwohl fühlte, nach Hause fuhr und
am dritten Tage starb. Lebhafter als bisher tauchte jetzt das Qerücht wieder auf,
daß Massol mit dem bösen Blick behaftet sei, und selbst die Besonnenen und Vernünftigen
schwiegen gegenüber der nicht wegzuleugnenden Tatsachen. Als daher die
Oper zum dritten Male angesetzt war, vermochte das Haus die Zuschauer kaum zu
fassen und viele Hunderte mußten zurückgewiesen werden. Man war aufs äußerste
gespannt, ob die Flucharie wieder ein Opfer fordern würde. Nicht ohne innere
Aufregung, aber mit* der früheren düsteren, das Publikum hinreißenden Wirkung
sang Massol, das Auge auf die einzige leere Loge des Hauses gerichtet. Diese gehörte
einem jungen, reichen Kaufmann, den die Vorbereitungen zu einer weiten Reise abhielten
, das Theater rechtzeitig zu besuchen. Erst während der ominösen Arie betrat
er die Loge, um dieselbe nach Schluß des Aktes wieder zu verlassen. Er hat das
Ziel seiner Reise nicht erblickt; in einem französischen Grenzstädtchen traf ihn ein
Herzschlag, der seinem Leben ein schnelles Ende bereitete. Massol sang von da an
die Flucharie nicht mehr; des Bühnenlebens überdrüssig, hatte der Sänger endlich
den Entschluß gefaßt, sich ins Privatleben zurückzuziehen. Am 14. Januar 1858 wollte
er sich von dem Pariser Publikum verabschieden. Das Theater war von der vornehmsten
Gesellschaft des jungen Kaiserreiches gefüllt, die den scheidenden Sänger,
welcher Rossinis Oper „Teil" als Abschiedsvorstellung gewählt hatte, noch einmal
zu hören kamen. Als aber der Kaiser und die Kaiserin zum Opernhaus fuhren, um


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