Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
15.1921/22
Seite: 357
(PDF, 131 MB)
Bibliographische Information
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— 357 —

Stille hinein- Im Nebenzimmer habe ich Schritte gehört, zögernde, vorsichtige
, aber deutliche Schritte.

Die hellen Träume verschweben und fliehen. Meine Gedanken taumeln
erschrocken hin und her, angestrengt lausche ich zum Nebenzimmer hin,
dessen Türe offen steht. Wer ist es, der dort umhergeht? Ich bin stets
allein in diesen beiden Zimmern, die ich an jedem Abend abschließe.

Die Schritte nähern sich langsam und vorsichtig der Tür. „Wer
ist dort?" rufe ich. Niemand antwortet. Es geht zurück und kehrt wieder,
wie jemand, der gern eintreten möchte, aber zu rücksichtsvoll ist, um
es zu tun, und mir ist, als hörte ich einen Seufzer. '

Ich sitze und horche und frage noch einmal. Und plötzlich verstehe
ich, daß kein lebender Mensch dort steht. Eine Seele will sich mir
»offenbaren, die ein bitteres Weh zwingt, in dieser mondbeglänzten Sommernacht
durch dieses Haus zu wandern. Vielleicht will sie nur durch seine
Bäume gehen, wie sie es im Leben getan, vielleicht will sie aber mehr —
Verständnis von einer anderen Seele.

Und mir ist, als sähe ich hinter meiner Tür ein Wesen stehen mit
Mttend erhobenen Händen und todestraurigen Augen. Meine Seele versteht
diese Bitte und antwortet, und es entsteht eine stumme Zwiesprache
, unhörbar für das irdische Ohr.

„Jahrelang saß ich im Garten auf derselben Bank, auf der dn
jetzt sitzest'4, sagt die andere Seele. „Ich ging durch diese B#ume und
schlief an demselben Platze, (auf dem du jetzt schläfst/4

„Meine SehnsucMsgedanken ziehen mich immer wieder zurück zn
diesem Hause, in dem es langsam in mir stiller wurde nach dem wilden
langen Toben eines großen Schmerzes. Noch bin ich nicht reif für den
frieden der Ewigkeit. Darum laß mich gewähren. Ich will dich nicht
erschrecken, nicht stören, gönne mir nur einen verstehenden Gedanken.'*

„Bleibe, kehre wieder, so oft du es magst", sprach es in mir, und ich
fühlte es herüberwehen wie einen Dank.

Leise entfernten sich die Schritte. Ich hörte sie durch das schweigende
Haus gehen. Es knisterte im Gebälk, die Treppe knarrte, auf
dem Gartenwege knirschte der Kies...

Der Mond war westwärts gewandert. Alles schien ein wenig anders
zu sein wie vorhin. Die Schritte waren verhallt — jenseits der Wirklichkeit
, wo das Ewige beginnt. Und mit einer süßen Dämmerempfindung
fühlte ich, wie der Eriede des Schlafes mich mit sanften Armen umfing.

__ J': ______ "____:__________.____________

Dr. Georg von Langsdorft f-

Von Dr. Karl Frägonneau.
Im hohen und gesegneten Alter von 991/2 Jahren schied am Abend de«
»weiten Weihnachtstages, am 26. Dezember 1921, der Nestor wohl nicht


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