Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
22.1928/29
Seite: 523
(PDF, 142 MB)
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Freilich waren jene Verse, in denen Pyfhia in den ältesten
Zeiten stets sprach oder in welche ihre Aussprüche übersetzt wurden
, nicht immer sonderlich wohlklingend, noch sonst eines Gottes
der Dichter würdig. Man hat hier überhaupt nicht zunächst auf das
Metrum zu sehen, obgleich auch der Rhythmus*) ein ursprünglicher
Begleiter der ältesten Völkersprache gewesen. Übrigens hat jene
pythische Begeisterung mit dem Zustande des lebhafteren Traumes
die Art der Sprache und den eigentümlichen dunklen, scheinbar
zweideutigen Charakter gemein; abgesehen davon, daß ein Teil der
Orakel in Träumen erteilt wurde. Die zerrissene Weinrebe, wodurch
das Orakel dem nach seiner Rückkehr in die Heimat fragenden
Feldherrn den nahen Tod, fern von den Seinen, andeutet; die
hölzerne Mauer, worunter Schiffe; Schiffe, unter deren bestimmter
Zahl die Zahl der Lebensjahre; das Meer, worunter die Masse der
zu beherrschenden Völker verstanden werden u. s. f., liegen ganz
im Sprachgebrauche des Traumes. Ebenso die dem gemeinen
Sprachgebrauch öfters ganz entgegengesetzte, gleichsam ironische
Bedeutung der Orakelsprüche, wie z. B. jener dem Crösus erteilte:
„er werde, wenn er über den Halys ginge, ein großes Reich stürzen
", was Crösus als Vorherverkündigung des nahen Sieges genommen
, während das Reich, das er stürzte, sein eigenes war.

In einem solchen mehr oder minder ironischen Verhältnisse zu
der Region des alltäglichen, allgemeineren Bestrebens und Bedürfnisses
steht überhaupt die ganze Welt der Poesie, und schon die
Lebensschicksale der meisten Richter lassen uns jenen Widerspruch,
in welchem die poetische Welt mit der nicht poetischen steht,
deutlich erkennen.

Der Geist des Prophetentums ist freilich von jenem der Orakel
so weit entfernt, wie Geist vom Leib, Mensch vom Affen oder wie
die ehemalige Heimat der menschlichen Seele: die Region der
geistigen Gefühle, von der der sinnlichen, worin sie jetzt weilt und
welche das Feld der pythischen Begeisterung, des Traums und aller
hiermit verwandten Erscheinungen ist. Dennoch, wie auch in der
äußeren Natur, in den verschiedensten Klassen und Arten der
Wesen dieselbe nur mehr oder minder vollkommen ausgeprägte
Grundform wiedererkannt wird, finden wir auch hier denselben
allgemeinen Typus in beiden Klassen wieder, und die höhere spiegelt
sich in der niederen mit einer allerdings bemerkenswerten
Deutlichkeit ab.

*) Die beruhigende, zum Teil einschläfernde und die Seele in die Region (der
dunklen Gefühle und des Traumes führende Wirkung des Metrums macht uns
dasselbe hier noch, in anderer Beziehung merkwürdig.


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