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Dr. Karl Reiser. Sagen, Gebräuche und Sprichwörter
des Allgäus. Aus dem Munde des Volkes gesammelt.
Bd. L Kempten, J. Kösel, 1894—97. 8°. 567 S. Preis
9 M., geb. in Hfz. 10.90 M., in Lwd. 11.10. M.

Schon das Verschwinden der früher üblichen fremdländischen
Bezeichnung „Folklore" und deren Ersatz durch das viel schönere
„Volkskunde" lässt darauf schließen, wie sehr in jüngerer Zeit die
genauere Erforschung deutschen Volkstums um sich gegriffen und
alle Kreise erfasst hat. Einzelsammlungen von Sagen und Bräuchen,
Schriften über Trachten und Hausbau, sowie zusammenfassende
Werke über deutsche Volkskunde sind in dem letzten Jahrzehnt in
so reicher Anzahl ans Licht gekommen, wie nie zuvor. Und was
das Erfreulichste dabei ist: Dem Volk selbst scheint allmählich ein
Verständnis aufzudämmern für diese Dinge. Man kann allenthalben,
beim Bürger wie beim Bauern, heutzutage fragen hören über Sinn
und Bedeutung dieses oder jenes Herkommens, Ausdrucks, Namens,
und mit weit geringerer Zurückhaltung, ja zuweilen mit einer gewissen
Redseligkeit, erzählen manche, wenn man die Rede darauf
bringt, was sie noch davon wissen, wie es früher zu Vaters oder Großvaters
Zeiten war. Ja, wäre nicht die Scheu vieler vor dem Schreiben,
so würden Vereine wie z. B. der für bayerische Volkskunde eine
noch weit größere Liste von Beitragspendern verzeichnen können.

Aber-es ist auch an der Zeit, dass man eifrig daran geht, die
Schätze, die noch im Schöße des Volkes ruhen, zu lieben, ehe sie
bei der immer mehr um sich greifenden Ausgleichung und Arer-
flachung unwiederbringlich der Vergessenheit und dem Untergang
geweiht sind. Eine der umfangreichsten, gediegensten und zugleich
eigenartigsten Sammlungen von Volksüberlieferungen ist die vor-