Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465
Gesellschaft für Beförderung der Geschichts-, Altertums- und Volkskunde von Freiburg, dem Breisgau und den Angrenzenden Landschaften [Hrsg.]
Zeitschrift der Gesellschaft für Beförderung der Geschichts-, Altertums- und Volkskunde von Freiburg, dem Breisgau und den Angrenzenden Landschaften
21.1905
Seite: 15
(PDF, 70 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Public Domain Mark 1.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zgb1905/0029
Weistümer von Amorbach

15

Weistum hierdurch zurückgedrängt oder sonst ungünstig be-
einflusst worden sei. Haben doch gerade unsere Klosterweis-
tümer ihre reichste Ausgestaltung und Entwicklung im 15. Jahrhundert
gefunden!

Mir will scheinen, als sei das Abhängigwerden von der
schriftlichen Aufzeichnung für das Weistum von besonders
nachteiligem Einflüsse gewesen. Diese Abhängigkeit aber trat
ein, als man aufhörte, das Weistum in regelmäßigen Fristen
zu wiederholen. Solange das Weistum jährlich oder wenigstens
alle paar Jahre erneuert wurde, blieb es frisch im Gedächtnis
der Schöffen, Verwechslung und Irrtum waren so
«gut wie ausgeschlossen. Wurden die Zwischenräume, die zwischen
den einzelnen Wiederholungen lagen, größer, die Pausen
länger, so wuchs damit auch die Möglichkeit, dass die stetige
Überlieferung abriss, und es konnte kommen wie zu Unterneudorf
, wo die Schöffen mit der ganzen Gemeinde 1457 erklärten
: „wir seint der merteil alle jung vnd haben solichs
nye czum rechten hören wysen". Und wenn die Unterneudorf
er, Bezug nehmend auf die Uberlieferung, dass „solchs
vormols von irn eitern gewiesen vnd . . dann beschrieben vnd
verbrieft sie", „solche gcschrifft czu hören begern", um „dan
czu wysen, was [ihnen] recht dünckt", so machen sie selbst
sich von der schriftlichen Aufzeichnung abhängig. Und wie
ihnen geht es allen, die ihrem Gedächtnisse durch Verlesung
früherer, niedergeschriebener Schöffensprüche zu Hülfe kommen
wollen. Sie, die ungelehrten Schöffen, müssen dem Schreiber
wie dem, der das Geschriebene zum Vortrag bringt, Glauben
schenken, und während sie vordem die alleinigen Träger des
Rechts waren, ordnen sie sich jetzt dem unter, was ihnen
Grund- oder Vogteiherren aus ihren Büchern vorlesen lassen.
Ist aber die Niederschrift erst einmal maßgebend für die Schöffen
geworden, so lässt sie dieselben bald ganz überflüssig erscheinen
. Denn welchen Zweck hat es noch, ein Schöffengericht
abzuhalten und all die mit einem solchen verbundenen
Weitläufigkeiten auf sich zu nehmen, wenn die Schöffen selbst
sich doch auf die schriftliche Überlieferung stützen müssen,
und diese bereits in völlig rechtsgültiger Form niedergelegt ist!


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zgb1905/0029