Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465
Gesellschaft für Beförderung der Geschichts-, Altertums- und Volkskunde von Freiburg, dem Breisgau und den Angrenzenden Landschaften [Hrsg.]
Zeitschrift der Gesellschaft für Beförderung der Geschichts-, Altertums- und Volkskunde von Freiburg, dem Breisgau und den Angrenzenden Landschaften
21.1905
Seite: 168
(PDF, 70 MB)
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Bertsche

jährlichen Bürgernutzen, Burgerhoh, von 80 M.), liegt es doch
an den alten Verkehrs- und Poststraßen: Ulm—Tuttlingen—
Schaffhausen, Rottweil—Schaffhausen—Donaueschingen. Die Mehrzahl
der Einwohner treibt auch noch in der Gegenwart Landwirtschaft
; denn Möhringen hat nicht umsonst mit rund 3030 ha
Gesamtfläche die größte Gemarkung des ganzen Badischen Seekreises
.

Bis gegen 1865/66 waren besonders die Schafmärkte von
Möhringen weit berühmt und viel besucht, so dass überallher,
besonders auch von Paris, Großhändler kamen, um von den
20—25 000 jeweils vorhandenen Schafen einzukaufen. Die
Zünfte blühten einst mächtig im Städtchen. So gab es außer
den Handwerkern, die für die täglichen Bedürfnisse der Bevölkerung
sorgten, auch Gerber (um 1840 acht Rot- und
Weißgerber), Seidenweber, Posamentiere (Bortdmacher oder
Bäsdmenfar), Sticker, Stricker, Glöcklegießer, die ihre Waren
hauptsächlich in Österreich, Ungarn, Böhmen und Polen hausieren
ließen. Die meisten jungen Gesellen gingen einige Zeitlang
in die Fremde, um ihr Handwerk besser kennen zu lernen
und dann als weltbereiste und erfahrene Meister ihre Zunft zu
beleben und zu fördern in der Heimat. Daher die vielen Namen
wie: dd Londoner, dd Bariser, dd Boler, dd Wäandrbeck.
So hatte es den Anschein, als ob Möhringen sich zu einem ansehnlichen
Gewerbe- und Industriestädtchen entwickeln wolle.
Aber die leidige Prozess- und Händelsucht, die durch den in
§ 3 geschilderten unaufhörlichen, und immer größere Kreise
ziehenden Familien- und Parteikampf erregt und geschürt wurde,
verdarb die schönsten Hoffnungen. Man ließ ruhig die württembergischen
Nachbarn allein den richtigen Zeitpunkt erfassen
und Dampf und Elektrizität verwenden. 1850 hatte Tuttlingen
rund 3500 Einwohner, jetzt hat es 14000.

Die Gründung eines Gewerbevereins (1869) mit 120 Mitgliedern
(jetzt nur noch 38, wovon die meisten Ehrenmitglieder!),
sowie die Gewerbeaussteilung von 1873 vermochten den Niedergang
des Handwerks nicht mehr hintanzuhalten; denn durch
den Bahnbau 1868—1870 wurde der Durchgangsverkehr sehr
geschädigt, ja geradezu lahm gelegt. Daher übrigens auch die
nicht geringe Zahl von ortsansässigen Italienern und, Österreichern
, die damals und ebenso beim Bau der Bahn Immendingen
—Engen (1864—1868) sich in Möhringen ansiedelten.


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